Digitalisierung in Managementstrukturen denken – evidenzbasierte Politikberatung

Digitalisierung ist Managementaufgabe! Es geht darum, die Rahmenbedingungen für eine gelingende Digitalisierung zu schaffen, sowohl in den oben beschriebenen Themenfeldern als auch im Bereich klassischer Managementstrukturen. Alle Ergebnisse, die sich durch neue Technologien wie BI oder KI ergeben, müssen immer in den bestehenden Managementkreislauf implementiert werden.

In Sozialplanungs- wie auch in anderen Verwaltungsprozessen geht es darum, dauerhaft belastbare Strukturen im Steuerungskreislauf zu schaffen, die nicht durch zeitlich zufällige Ergebnisse geprägt sind, sondern regelhaft Steuerungsinformationen für den politischen Raum und die Verwaltungsleitung bereitstellen. Es geht um eine direkte Verzahnung mit der jeweiligen Haushaltsplanung, um auch fiskalische Handlungsmöglichkeiten im Rahmen der politischen Beratungen zu schaffen. Bei der Nutzung von neuen Technologien ist die Einbindung in diese Systematik also zwingend. Denkt man sie nicht mit, besteht die Gefahr, dass gute Ergebnisse ungenutzt bleiben, wodurch im weiteren Verlauf der Eindruck entstehen kann, dass der Einsatz von neuen Technologien ohne Wirkung bleibt.

Die gewonnenen Informationen müssen regelhaft in belastbaren Managementstrukturen für eine evidenzbasierte Politikberatung nutzbar gemacht und kommuniziert werden. Hier bietet sich eine frühzeitige Einbindung des politischen Raums an, um gemeinsam zwischen Politik und Verwaltung einen Handlungsrahmen (politischer Beschluss) für die Nutzung von Informationen zu schaffen. Dieser Handlungsrahmen kann dann in die jeweilige Steuerungssystematik der Verwaltung übernommen werden.(7)

Neue Technologien – menschliches Handeln hat Vorrang!

Obwohl, wie bereits eingangs erläutert, Verwaltung im Kern immer durch die Aufbereitung und Nutzung von Daten und Informationen geprägt ist, schafft die Einführung von neuen Technologien wie BI- und KI-Systemen auch Unsicherheiten. Hier entstehen Fragen wie: Braucht man diese ganzen Daten überhaupt? Was passiert mit meinen Daten? Was macht ein KI-System damit? Oder: Bedarf es noch politischer Entscheidungen, wenn die KI zukünftiges Handeln auf der Basis von Daten vorschlägt? Auch das ÖFIT (Kompetenzzentrum Öffentliche Informationstechnologie in Berlin), welches zur Zukunft von Informationstechnologien forscht, weist darauf hin, dass entsprechende Algorithmen nicht immer „fair“ agieren müssen und Entscheidungen ggf. hinsichtlich Alter oder Geschlecht entsprechend negativ beeinflussen können.(8)
 
Diesen Unsicherheiten und Fragestellungen gilt es, offen zu begegnen, denn sie haben ihre Berechtigung. Es ist die Aufgabe von Verwaltungen, transparent zu erklären, wie wir Informationen verarbeiten und auf welcher Basis Entscheidungsvorschläge entstehen. Das ist ein Teil demokratischer Transparenz.

Dabei wird aber auch wichtig, die Fülle an Daten und Informationen für die entsprechenden Adressaten so aufzubereiten, dass sie nutzbar werden. Hier helfen moderne Konzepte des Digital Publishing, die beispielsweise mit App-Formaten, Dashboards oder Micro-Sites anstelle von langen Papierberichten arbeiten. Denn gerade die politischen Vertreter haben ein Anrecht darauf, gezielt die Informationen zu erhalten, die sie für ihre Entscheidungsfindung benötigen. In gedruckten Berichten mögen zwar gute Inhalte vorhanden sein, allerdings lassen sich diese nicht immer zeitnah und mit einem verhältnismäßigen Ressourcenaufwand herausfiltern. Im Ergebnis verschwinden zentrale Informationen so hinter einer Vielzahl weniger relevanter Erkenntnisse.

Sind entsprechende Kommunikationsformate vorhanden, stellt sich abschließend immer noch die Frage: Wie gehen wir mit den Ergebnissen um, die uns BI- und KI-Systeme liefern? Ein Teil der Lösung liegt darin, in die Steue­rungssystematik eingebettete partizipative Elemente zu ermöglichen. So werden alle gewonnenen Erkenntnisse aus BI- und KI-Systemen in einem partizipativen Austausch mit einer breiten Akteur*innenbeteiligung  bewertet. Dies ermöglicht auch, unerwartete Ereignisse in den Bewertungsprozess zu integrieren, die in einer algorithmischen Analyse aus festen Regeln und Mustererkennung nicht vorgesehen sind. Auch der Einsatz von z. B. „Fairness Metriken“ in algorithmische Prozessen, um diskriminierenden Momenten zu begegnen, reicht hier allein nicht aus. Die richtige Einordnung von Ergebnissen in einen Gesamtkontext, gerade im Verwaltungsbereich und für eine Nutzung in der evidenzbasierten Politikberatung, kann also nur durch menschliche Expertise erfolgen. Das schafft Vertrauen in die Datengrundlage. Im Kreis Pinneberg ist dieser Prozess im Bereich der Sozialplanung systemisch über die regelhafte Beteiligung von Fokusgruppen und der Steuerungsgruppe der Sozialplanung sichergestellt.(9) So entsteht ein abgesichertes Bild der Gesamtlage, das auf Technologie, Daten sowie menschlicher Expertise basiert und politischen Vertretungen Handlungsempfehlungen für die Entscheidungsfindung zur Verfügung stellt.

Fazit

Die Umsetzung der Digitalisierung in Verwaltungen, gerade beim Thema Data Driven Government, ist folglich also mehr eine Herausforderung im Management- und Kulturbereich, als ein reines Technolo­giethema. Erst wenn der Fokus auf diesen Bereichen und den oben nachgezeichneten Dimensionen als Grundlage für die Einführung von neuen Technologien liegt, besteht die Chance, einen breiten Einsatzbereich in Verwaltungen zeitnah zu erschließen.


7 Vgl. Stabsstelle Sozialplanung und Steuerung Kreis Pinneberg (Hg.): Sozialplanung Kreis Pinneberg – Handbuch, 2017, online: https://www.kreis-pinneberg.de/pinneberg_media/handbuch+sozialplanung.pdf [09.09.2022].
8 Vgl. Jan Dennis Gumz: Wie sich Trends frühzeitig erkennen lassen, in: AWV-Informationen, 68/2 (2022) S. 15.
9 Vgl. Stabsstelle Sozialplanung und Steuerung Kreis Pinneberg (2017), a.a.O.

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