Gebühren rechtssicher und kostendeckend bestimmen. Das Beispiel der Besonderen Gebührenverordnung des Auswärtigen Amtes.

Ein Beitrag von Carsten Haider, Jörg Buntkirchen und Carlos Salamanca Davila (Statistisches Bundesamt, Wiesbaden)

Das Dienstleistungszentrum der Bundesregierung für Bessere Rechtssetzung im Statistischen Bundesamt hat gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt die Besondere Gebührenverordnung des Auswärtigen Amtes (AABGebV) entwickelt. Die Verordnung trat am 1. Oktober 2021 in Kraft. Damit wurde die Gebührenerhebung im Zuständigkeitsbereich des Auswärtigen Amtes rechtlich auf eine neue Grundlage gestellt. Erstmalig wurden auslandsspezifische Stundensätze berechnet und ausgewiesen, um damit eine Berücksichtigung des zeitlichen Aufwandes für die individuelle Leistungserbringung sicherzustellen. Neben einer Verbesserung der Kosten-deckung zielt die gesetzliche Änderung auch auf eine Erhöhung der Rechtssicherheit durch eine transparente Gebührenbestimmung und eine Verringerung des Erfüllungsaufwands durch die Ersetzung von Rahmen- und Wertgebühren ab. Es ist daher mit jährlichen Gebührenmehreinnahmen in Höhe von ca. 5 Millionen Euro zu rechnen, bei einer gleichzeitigen Einsparung von jährlichem Erfüllungsaufwand in Höhe von ca. 2 Millionen Euro.

Hintergrund und Zielsetzungen des Projektes

Das für das Gebührenrecht federführend zuständige Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat (BMI) hat mit der 2013 eingeleiteten Gebührenrechtsreform eine grundlegende bundeseinheitliche Modernisierung des Gebührenrechts angestoßen. Orientiert an der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfGE 50, 217-234), wurde hier in zwei Umsetzungsschritten ein Regelwerk geschaffen, das adressierbare Gebührenschuldner an den durch sie individuell veranlassten Kosten der Verwaltung in transparenter, rechtssicherer und kostendeckender Weise ganz oder teilweise beteiligt. Während in einer ersten Phase das BMI den rechtlichen und methodischen Rahmen zur Bestimmung kostendeckender Gebühren vorgab, wurde in einer zweiten Phase den übrigen Bundesministerien bis zum 1. Oktober 2021 Zeit gegeben, die eigenen individuell zurechenbaren öffentlichen Leistungen auf Basis dieser neuen rechtlichen Grundlagen zu bestimmen und in ressort-eigenen Besonderen Gebührenverordnungen in Kraft zu setzen. Für das Auswärtige Amt bedeutet dies im Speziellen, dass zum 30. September 2021 die Auslandskostenverordnung (AKostV) und das Auslandskostengesetz (AKostG) außer Kraft treten und ab dem 1. Oktober 2021 die gebührenfähigen Leistungen des Auswärtigen Amtes auf Grundlage der neuen AABGebV zu erheben sind.

Das Auswärtige Amt mit seinen Dienstsitzen in Berlin und Bonn, sowie seinem Netz von Auslandsvertretungen (AV), pflegt die Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu anderen Staaten und zu überstaatlichen Organisationen wie den Vereinten Nationen. Der Auswärtige Dienst erfüllt dabei die im Konsulargesetz (KonsG) festgeschriebenen Aufgaben, aus denen sich die gebührenfähigen, individuell zurechenbaren öffentlichen Leistungen der AV, der Honorarkonsularbeamten (HK) und der Zentrale ableiten. Zu diesen Aufgaben zählt unter anderem, Deutschen in Notlagen zu helfen sowie behördliche und notarielle Funktionen für im Ausland lebende Deutsche zu übernehmen. Das Statistische Bundesamt unterstützte mit seiner umfangreichen Erfahrung im Bereich der Gebührenbestimmung das Auswärtige Amt bei der Erstellung seiner Besonderen Gebührenverordnung.(1)

Der rechtliche Rahmen

Zentrale Norm im Bereich des Gebührenrechts ist das Bundesgebührengesetz (BGebG), welches durch die Allgemeine Gebührenverordnung (AGebV) inhaltlich konkretisiert wird. Das Gebührenrecht sieht grundsätzlich mit den Fest-, Zeit- oder Rahmengebühren drei Gebührenarten vor.

  • Festgebühren bieten sich für individuell zurechenbare behördliche Leistungen an, die in der Regel immer gleiche Aufwände verursachen.

  • Zeitgebühren werden ausgebracht, wenn der Aufwand für die Leistungserbringung im Einzelfall stark variiert. Die Zeitgebühr erfordert zur Ermittlung der Gebührenhöhe eine einzelfallabhängige Zeiten- und Auslagenaufstellung.

  • Rahmengebühren bewegen sich je nach Aufwand der Leistungserbringung zwischen rechtlich festgelegten Ober- und Untergrenzen. Die Rahmengebühr erfordert in der Anwendung ein der Zeitgebühr entsprechendes aufwendiges Abrechnungsverfahren.

Leitgedanke bei der Bestimmung der Gebührenart sollte daher sein, möglichst viele methodische, valide Festgebühren in den Gebührenkatalogen einzubringen. Die Ermittlung der Festgebühr ist zwar einmalig mit höherem Aufwand verbunden, im Verwaltungsalltag fordern Festgebühren aber den geringsten Aufwand und bieten gleichzeitig ein hohes Maß an Rechtssicherheit und Transparenz.

Über diese drei Gebührenarten hinaus hat sich das Auswärtige Amt im Fachrecht die Möglichkeit bewahrt, auch in Zukunft die Wertgebühr nach § 25c KonsG in der ab Herbst 2021 gültigen AABGebV anwenden zu können. Diese Gebührenart orientiert sich nicht am Verwaltungsaufwand, sondern leitet die Gebührenhöhe vom wirtschaftlichen Wert der Sache ab, auf den sich die gebührenfähige Leistung bezieht. Dafür ist das Anwenden umfangreicher Wertermittlungsvorschriften unerlässlich. Wertgebühren werden im Inland im Wesentlichen von Gerichten und Notaren nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) angewendet. Beobachtungen und statistische Auswertungen zeigten jedoch, dass sich die Festlegung auf einen gerichtsfesten wirtschaftlichen Wert einer Sache oftmals in den AV als zeitlich sehr aufwendig gestaltet. Da der Aufwand für die Wertermittlung in der Wertgebühr aber unberücksichtigt bleibt, übersteigt der Verwaltungsaufwand im Ganzen mitunter die auf der Grundlage des Wertes festgesetzte Gebührenhöhe. Daher wurde im Verlauf der Arbeiten an der neuen Verordnung – nach Prüfung – auch auf die Wertgebühr als Gebührenart verzichtet.


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1 Carsten Haider/Jörg Buntkirchen: Steuern zahlen reicht nicht – Rechtssichere und kostendeckende Gebührenbestimmung. Behörden Spiegel, Mai 2021, S. 8.

Bild: Adobe Stock / Gilles Lougassi