Die Cloud als neue Generation des digitalen Arbeitens

Ein Beitrag von Prof. Dr. Hermann Hill, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften, Speyer

Arbeit verändert sich ständig

Auf dem Bauernhof, im Handwerk, bei der Dienstleistung: Lange Zeit galt es als Qualitätsmerkmal, wenn die gesamte Leistung autonom erstellt und aus einer Hand erfolgte. Später setzten sich dann Arbeitsteilung und Spezialisierung durch. Heute kaufen wir in Supermärkten oder online ein – oftmals nicht vollständige Produkte, sondern nur Nutzungsrechte.

Im Rahmen der Produktion werden Lieferketten outgesourct, Produkte (und Dienstleistungen) modularisiert und kombiniert. Liefernetzwerke entstehen. Dabei werden Grenzen überschritten und virtualisiert, nicht nur in und zwischen Unternehmen, sondern auch zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor (Public Private Partnership). Dadurch gewinnt man Vorteile an Zeit, Geld und Know-how. Allerdings müssen unterschiedliche Rahmenbedingungen bei der Zusammenarbeit beachtet und Wirtschaftlichkeitsvergleiche vorgenommen werden. Mit Shared Service Centern wurden nicht nur komplexe Angebote möglich, sondern auch Prozesse neu konfiguriert.

Der Weg in die Cloud

Die Digitalisierung hat für Produktion und Nutzung weitere Entwicklungsschübe erbracht. Persönliche Anwesenheit und physische Gegenstände wie Schreib­tisch und Papier geraten in den Hintergrund. Die Arbeit im Netz mit erweiterten Datenräumen, neuen Formen der Verknüpfung und Zusammenarbeit und in Echtzeit ist nicht mehr wegzudenken. Die Pandemie hat zudem den Trend zur Arbeit an verteilten Standorten sowie mobile Arbeit beschleunigt. Künstliche Intelligenz entlastet die Menschen von mechanischen und wiederkehrenden Arbeiten und bietet Unterstützung bei kreativen Tätigkeiten. Gleichzeitig hat die Digitalisierung neue Anforderungen an Sicherheit und Datenhoheit mit sich gebracht.

All dies tritt nun mit Cloud-Technologien in eine neue Dimension. Warum noch eigene Rechenzentren vorhalten, Infrastruktur, Plattformen, Software erstellen und Services entwickeln sowie Experten einstellen, wenn dies auf dem Markt schneller, flexibler und wirtschaftlicher vorhanden ist und je nach Bedarf und Verbrauch eingekauft werden kann?

Nicht jede Verwaltung muss zudem das Gleiche vorhalten und erstellen. Der demografische Wandel mit der Verknappung personeller Ressourcen und enge Haushalte mit reduzierten finanziellen Ressourcen liefern weitere Argumente für die Reise in die Cloud.

Rechtskonforme und sichere Transformation

Gleichwohl sind die Umstellung auf Cloud-Technologien und die Nutzung von Cloud-Angeboten gerade im öffentlichen Sektor nicht trivial. Es gibt rechtliche Vorgaben im Hinblick auf Datenschutz und Sicherheit. Zunächst haben vor allem amerikanische „Hyperscaler“(1) Cloud-Technologien entwickelt und angeboten, was Fragen einer digitalen Souveränität aufwirft.

Zudem ist Verwaltung in Deutschland auf Bund, Länder und eine Vielzahl von Kommunen verteilt. Eine zentrale Anordnung wie etwa „Ab sofort alles in die Cloud!“ ist nicht möglich. Verschiedene Verantwortliche müssen mitspielen. Fragen von Transformation, Governance, Schulung und Entwicklung von Anwendungen und Kompetenzen sind zu lösen und fortlaufend an die technischen Entwicklungen anzupassen.

Vor allem aber fangen die Verwaltungen, auch wenn der Vorwurf einer schleppenden Umsetzung besteht, bei der Digitalisierung nicht bei Null an. Die vielfältigen Fachverfahren gilt es anzupassen, was Geld, Zeit und Bereitschaft erfordert. Die Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) ist dafür ein deutliches Beispiel. Selbst das hehre Ziel „Einer für Alle“ garantiert noch nicht seine Umsetzung. Auch der bloße Verweis darauf, dass Deutschland bei der Digitalisierung nicht weiter hinterherhinken darf, reicht allein nicht aus. Hat daher die flächendeckende Einführung von Cloud-Technologien im öffentlichen Sektor überhaupt Chancen auf Erfolg?

Der öffentliche Sektor entdeckt die Cloud

Im Koalitionsvertrag der Ampelkoalition von 2021 heißt es: „Auf Basis einer Multi-Cloud Strategie und offener Schnittstellen sowie strenger Sicherheits- und Transparenzvorgaben bauen wir eine Cloud der öffentlichen Verwaltung auf“(2). Inzwischen ist in der deutschen Verwaltungslandschaft einiges passiert: Der IT-Planungsrat hat als Teil der Strategie zur Stärkung der digitalen Souveränität eine Deutsche Verwaltungscloud-Strategie beschlossen.(3) Die Deutsche Verwaltungscloud soll einen bundesweit zugänglichen Marktplatz bereitstellen, auf dem die Behörden von Bund, Ländern und Kommunen digitale Verwaltungsleistungen einfach und sicher beziehen können. Dazu hat der IT-Planungsrat eine Arbeitsgruppe „Cloud Computing und Digitale Souveränität“ mit verschiedenen Unterarbeitsgruppen eingerichtet.

Das Nationale E-Government Kompetenzzentrum e. V. (NEGZ) hat ein Positionspapier „Multi-Cloud in der Verwaltung erfolgreich machen“(4) mit verschiedenen Handlungsfeldern vorgelegt.


1 Sogenannte Hyperscaler sind große Cloud-Serviceanbieter, die Services wie Computing und Storage auf Unternehmensniveau anbieten können. Oft sind tausende Server und Storage-Systeme über leistungsfähige Netzwerke miteinander verbunden. Es gibt keine allgemeingültige Definition dafür, welche Anbieter als Hyperscaler einzustufen sind. Gleichwohl werden Cloud-Anbieter wie Amazon Web Services, Google Cloud, Microsoft Azure, IBM Cloud und Alibaba Cloud in diese Kategorie eingeordnet. (vgl. Red Hat [Hg.]: Was ist ein Hyperscaler?; Stefan Luber, Jürgen Ehneß: Was ist ein Hyperscaler?).
2 Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündis90/Die Grünen und FDP vom 7.Dezember 2021, S. 15, Download.
3 Deutsche Verwaltungscloud-Strategie, Beschluss 2021/46 des IT-Planungsrates vom 29.10.2021.
4 Nationales E-Government Kompetenzzentrum e. V. (Hg.): Multicloud in der Verwaltung erfolgreich machen, Positionspapier, o.D.


Seite 1
| Weiter zu Seite 2 | Weiter zu Seite 3


Bild: Adobe Stock / Miha_Creative