„Für Nachhaltigkeit fehlt mir das Geld.“ So oder so ähnlich argumentieren Haushälter immer wieder, wenn der Bundesrechnungshof in einer Prüfung Fragen zur Nachhaltigkeit stellt. Besonders beliebt ist auch der Satz: „Das gesetzlich verankerte Sparsamkeitsgebot lässt Mehrausgaben für eine nachhaltige Alternative nicht zu.“ Beide Aussagen lassen darauf schließen, dass die handelnden Personen das Leitprinzip Nachhaltigkeit nicht wirklich verinnerlicht haben. Dieser Beitrag soll aufzeigen, wie das Leitprinzip im Verwaltungshandeln berücksichtigt werden sollte, damit man einer Prüfung durch den Bundesrechnungshof – auch in dieser Hinsicht – entspannt entgegensehen kann.
Nachhaltigkeit als erklärtes Leitprinzip von Regierung und Parlament
Das Streben nach einer nachhaltigen Entwicklung ist seit vielen Jahren erklärtes Leitprinzip von Bundesregierung und Deutschem Bundestag. Im Jahr 1998 wurde es erstmals in einem Koalitionsvertrag festgeschrieben. Und auch in den Koalitionsverträgen für spätere Legislaturperioden war die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung stets als grundlegendes Politikziel enthalten. Folgerichtig hat die Bundesregierung das Leitprinzip Nachhaltigkeit auch in der regelmäßig aktualisierten Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie fest verankert, zuletzt im Jahr 2021. Dort heißt es u. a.:
„Nachhaltigkeitsprinzip 1
‚Übergreifendes Ziel und Maßstab allen Handelns ist es, die natürlichen Lebensgrundlagen der Erde dauerhaft zu sichern und allen Menschen jetzt und in Zukunft ein Leben in Würde zu ermöglichen.
Hierfür sind bei allen Entscheidungen wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen sowie soziale Gerechtigkeit und gleichberechtigte Teilhabe […] so zusammenzudenken, dass Entwicklungen für heutige und künftige Generationen auch in globaler Betrachtung ökologisch und sozial tragfähig sind. Politisches Handeln muss kohärent sein.‘“ (1)
Dem Leitprinzip Nachhaltigkeit zu folgen, bedeutet im Kern, allen Entscheidungen Nachhaltigkeitsüberlegungen zugrunde zu legen. Der Bundesrechnungshof prüft Entscheidungen. Dementsprechend stellt er in einer Prüfung regelmäßig die Frage ob, und wenn ja, wie Nachhaltigkeitsaspekte in die Entscheidung eingeflossen sind – oder auch warum nicht.
Das bedeutet indes nicht, dass die Frage der Nachhaltigkeit ein neuer Prüfungsmaßstab ist. Der Bundesrechnungshof prüft also nicht, wie nachhaltig eine Entscheidung ist. Vielmehr bleiben die Wirtschaftlichkeit und die Ordnungsmäßigkeit unverändert die beiden verfassungsrechtlich verankerten Prüfungsmaßstäbe.(2) Nachhaltigkeitsaspekte müssen aber – dem Leitprinzip Nachhaltigkeit folgend – auch in die Prüfung einfließen und bei der Beurteilung eines Sachverhalts anhand dieser beiden Maßstäbe angemessen berücksichtigt werden. In diesem Beitrag soll nachfolgend erläutert werden, wie dies erreicht werden kann, also wie Nachhaltigkeitsaspekte in Entscheidungen der Verwaltung und in Prüfungen des Bundesrechnungshofes zur Geltung kommen können. Die Ausführungen beziehen sich dabei grundsätzlich auf die Bundesebene. Nachhaltigkeit ist aber nicht nur für den Bund ein Thema. Denn auch die Regierungschefinnen und -chefs der Länder haben sich im Jahr 2019 zum Leitprinzip Nachhaltigkeit und zu den Nachhaltigkeitszielen bekannt.
1 Die Bundesregierung (Hg.): Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie – Weiterentwicklung 2021 (Langfassung), S. 72, online.
2 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 114 Absatz 2, online.
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