Identifizierung und Harmonisierung steigern den Mehrwert
Auch für die Verwaltung schöpfen wir die Vorteile des Once-Only-Prinzips nicht voll aus, wenn wir bei existierenden Nachweistypen stehen bleiben. Denn idealerweise wollen wir die Daten aus den Nachweisabrufen unmittelbar in IT-Verfahren der jeweiligen Behörde übernehmen und dort auswerten und verknüpfen, um das Personal bestmöglich zu unterstützen. Das gelingt umso besser, je standardisierter die Informationen sind, die aus verschiedenen Registern kommen. Projekte wie die Modularisierung des Einkommensbegriffs können daher den Mehrwert, den diese Infrastruktur zukünftig bringen kann, nochmals massiv steigern.
All das setzt voraus, dass wir zweifelsfrei ermitteln können, auf welche Person oder welches Unternehmen sich ein Datensatz im Register bezieht. Der Roll-Out der Identifikationsnummer nach dem Identifikationsnummerngesetz (IDNrG) ist daher ein entscheidender Baustein der Registermodernisierung, und die entsprechende Infrastruktur stellt einen wesentlichen Teil eines Once-Only-Systems dar. Auch für den Bereich der Unternehmen gilt: Once-Only kann auch hier nur funktionieren, wenn jederzeit eindeutig ersichtlich ist, auf welches Unternehmen sich die Daten beziehen. Aus historischen Gründen wird in verschiedenen Kontexten aber je nach spezifischem Zweck nur eine Teilmenge der gesamten Unternehmenslandschaft in einem bestimmten Register geführt, und von unterschiedlichen Stellen werden unterschiedliche Identifikatoren für Unternehmen vergeben. Die Vielfalt an Unternehmen ist enorm: Einzelunternehmer, Personengesellschaften und juristische Personen, Aktiengesellschaften, GmbHs, Vereine, Genossenschaften und viele weitere Rechtsformen.
Eine registerübergreifende Identifizierung der Unternehmen und eine entsprechende Vernetzung der an verschiedenen Stellen erfassten Daten findet bisher nahezu nicht statt. Die Lösung hierfür wird das Basisregister für Unternehmensstammdaten sein, das derzeit unter der Federführung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz vom Statistischen Bundesamt entwickelt wird, verbunden mit der Einführung der bundeseinheitlichen Wirtschaftsnummer. Das Basisregister wird nicht nur zentral Stammdaten zu jedem Unternehmen enthalten, sondern auch eine Verknüpfung der verschiedenen bestehenden Identifikatoren zu einem Unternehmen erlauben. Damit wird es zukünftig die Identifikationslücke bei Unternehmen schließen.
Europa fest im Blick
Zum Blick in den „Maschinenraum“ der Registermodernisierung in Deutschland gehört auch die europäische Perspektive. Ein wesentlicher Mehrwert des oben skizzierten Systems wird darin liegen, einen effizienten Anschluss an das bei der Europäischen Kommission in der Entwicklung befindliche „Once Only Technical System“ (EU-OOTS) zu ermöglichen. Dieses europäische System wird auf der Grundlage der „Single Digital Gateway-Verordnung“ (SDG-VO) entwickelt und hebt das Once-Only-Prinzip auf die für international tätige Unternehmen wichtige europäische Ebene.
Wesentliche Verwaltungsleistungen sollen im EU-Binnenmarkt grenzüberschreitend nach dem Once-Only-Prinzip abgewickelt werden. Diese für die heterogene deutsche Registerlandschaft herausfordernde Dimension hat die Gesamtsteuerung Registermodernisierung fest im Blick. Dabei geben uns die Entwicklungsschritte auf EU-Ebene prozessual wie inhaltlich an vielen Stellen wichtige Impulse für die nationale Umsetzung. Wir wollen auf EU-Ebene entwickelte Once-Only-Lösungen – wann immer möglich und sinnvoll – bei der nationalen Umsetzung einsetzen. Zugleich wirkt die Gesamtsteuerung über die nationale Single Digital Gateway-Koordination auf europäischer Ebene gestaltend daran mit, dass die europäischen Anforderungen auch die Spezifika föderal verfasster Registerlandschaften berücksichtigen.
Entscheidend ist neben der konzeptionellen Mitgestaltung des „Once-Only-Bauplans“ auf EU-Ebene, dass wir in die praktische Umsetzung gehen. Deshalb lotet die Gesamtsteuerung derzeit auch Once-Only-Pilotierungsvorhaben mit grenzüberschreitender Dimension aus. Ziel ist es, Verfahren mit Nutzen für Bürgerinnen und Bürger sowie die Wirtschaft zu pilotieren und dabei skalierbare Erkenntnisse für die Umsetzung in Deutschland zu gewinnen. Ein erster Pilot steht in Nordrhein-Westfalen in den Startlöchern. In Kooperation mit den Niederlanden soll unter Nutzung des Wirtschafts-Service-Portals Nordrhein-Westfalen (WSP.NRW) eine grenzüberschreitende Gewerbeanzeige nach dem Once-Only-Prinzip pilotiert werden.
Wie geht es weiter?
Das Architekturkonzept des skizzierten Once-Only-Systems wird bis Ende 2022 zu einer fachlichen Reife gebracht, die dem IT-Planungsrat erlaubt, eine Entscheidung über die Umsetzung zu treffen. Bis 2025 – so hat es der IT-Planungsrat in seinem Zielbild Registermodernisierung beschlossen – soll dann der Anschluss OZG-relevanter TOP-Register an das aufzubauende Once-Only-System gelingen. Das klingt lange, ist aber mit Blick auf die heterogene technische, rechtliche und organisatorische Ausgangslage der deutschen Registerlandschaft äußerst ambitioniert. Wichtig ist aus unserer Sicht deshalb, für die Entwicklung einen Raum agiler Transformation zu schaffen. Denn mit dem Aufbau dieses Systems betreten wir in vielerlei Hinsicht unbekanntes Terrain. Deshalb darf die Entwicklung nicht in den Tiefen autarker Silos versinken. Die Teilfunktionalitäten des Systems sind anhand nutzenzentrierter Use-Cases mit Expertinnen und Experten der Register-Community und der OZG-Umsetzung iterativ und inkrementell zu erproben. Nur so lernen wir die Fallstricke der Umsetzung und die Bedarfe der Nutzerinnen und Nutzer frühzeitig kennen und können diese bei der Entwicklung des Gesamtsystems antizipieren. Von einem mutigen Mindset getragene Pilotierungen sind daher einer der Schlüssel erfolgreicher Registermodernisierung. Anders ausgedrückt: Einen skalierbaren Weg zu Once-Only bahnen uns Pilotvorhaben, die couragiert bewährte wie auch unerschlossene Pfade beschreiten.
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