Das Ziel: Nachweisabrufe in die Breite tragen
Bereits heute tauschen Behörden jeden Tag in unzähligen Fällen Registerinformationen untereinander aus, von der Benachrichtigung einer Meldebehörde an die andere über eine Ummeldung bis zu Anfragen an das Bundeszentralregister zur Ermittlung möglicher Vorstrafen. Diese Abrufe sind seit vielen Jahren Realität und ein funktionierendes Rückgrat der heutigen Verwaltung. Wir müssen das Rad also nicht neu erfinden.
Dennoch stoßen wir mit dem bisherigen Ansatz auch an Grenzen, denn Registerinformationen werden aktuell praktisch immer in geschlossenen, fachspezifischen Informationsverbünden von eng eingegrenzten Behördenkreisen ausgetauscht. Eine Behörde, die für ihre Prozesse Informationen aus einem weiteren Register abrufen will, muss dafür gleich Mitglied eines weiteren Informationsverbunds werden – oft mit erheblichen Anpassungen auf rechtlicher, organisatorischer und technischer Ebene. Allein IT-seitig müssen dafür z. B. domänenspezifische Fachstandards implementiert, Zuständigkeitslogiken technisch abgebildet und ggf. auch spezifische Authentifizierungsmechanismen des jeweiligen Verbunds umgesetzt werden.
Dieser Aufwand fällt jedes Mal an, wenn eine Behörde einen Nachweis aus einem Verbund benötigt, dem sie noch nicht angehört – und das hält uns dabei auf, das Once-Only-Prinzip in der Breite umzusetzen. Was schon im traditionellen Datenaustausch zwischen Behörden ein Hindernis ist, kommt zudem bei der Umsetzung des OZG noch viel stärker zum Tragen: Die „Einer-für-Alle“-Services (EfA), die derzeit in der OZG-Umsetzung entwickelt werden, sind in aller Regel noch nicht in bestehende Informationsverbünde integriert. Wollen wir sie in absehbarer Zeit dahin entwickeln, dass automatisierte Nachweisabrufe und nicht etwa ein Upload oder gar Postversand stattfinden, dann brauchen wir dafür einen neuen Ansatz.(4)
Der Ansatz: Allgemeine Lösungen skalieren
Im Rahmen der Registermodernisierung wird daher eine einheitliche Lösung in den Blick genommen, die Register und abrufende IT-Fachverfahren oder Online-Services von Behörden verbinden soll. Dies soll ermöglichen, dass Register nur einmal zu feststehenden Anschlussbedingungen mit einem einheitlichen technischen System verbunden werden, um anschließend Nachweise datenschutzkonform und verwaltungsbereichsübergreifend zur Verfügung stellen zu können. Umgekehrt können abrufende Behörden sich zu einheitlichen Bedingungen an dieses System anschließen und dann Nachweise aus ganz verschiedenen Verwaltungsbereichen abrufen, sofern sie dazu berechtigt sind. So wird die Umsetzung von Registerabrufen für beide Seiten einfacher und kostengünstiger und die Umsetzung des Once-Only-Prinzips damit skalierbar.
Damit dieser Ansatz praktisch funktioniert, muss das technische System allgemeine Lösungen für viele Fragen bereitstellen, die bisher immer wieder separat im Einzelfall gelöst wurden. Somit wird ein allgemeiner Nachweisabrufstandard nötig, mit dem abrufende Behörden beliebige Nachweise anfordern und Register beliebige Nachweise liefern können, ohne dass für jede Nachweisart ein separater Fachstandard eingesetzt werden muss. Um bei verteilten Registern den richtigen Kommunikationspartner zu ermitteln, braucht es eine zentrale Registerdatennavigation, die auf Basis der relevanten Zuständigkeitsparameter ermittelt, in welcher konkreten Registerinstanz der gesuchte Nachweis vorliegt. Die anfragende Behörde muss zwar nach einem einheitlichen Mechanismus die nötigen Informationen zuliefern, aber nicht mehr selbst die fachspezifische Logik kennen und umsetzen, wie daraus die Zuständigkeit ermittelt wird, welche Sonderfälle dabei evtl. zu beachten sind usw. Nach der gleichen Logik soll das System auch einen einheitlichen Mechanismus umsetzen, mit dem die angeschlossenen Behörden und die zentralen Komponenten überprüfen können, welche Behörde in welcher Rolle am System teilnimmt, um daraus ableiten zu können, welche Datenabrufe für die jeweiligen Teilnehmenden möglich sind. Denn ein einheitliches System muss natürlich auch höchsten Sicherheitsanforderungen entsprechen.
Abrufe vordefinierter Nachweistypen als Zwischenschritt
Die Vorstellung von Nachweisen als fest definierten Dokumenten mit einer Vielzahl von Angaben ist eigentlich ein Relikt der analogen Welt. Um schnell voranzukommen, soll das System den Abruf von digitalen Versionen bestehender Nachweise unterstützen: Viele Verwaltungsverfahren schreiben aktuell noch derartige Nachweise vor, und viele Register können genau das liefern. Wir können mit der Once-Only-Umsetzung nicht so lange warten, bis all diese Vorgaben angepasst sind. Dennoch ermöglicht uns die digitale Welt perspektivisch eine viel datensparsamere Lösung, als es mit Papier je möglich war: Mit strukturierten Daten ist es ebenso möglich, dass eine Behörde nur ganz gezielt einzelne Informationen eines Nachweises abfragt und dann auch wirklich nur die Informationen bereitgestellt werden, die für die konkrete Entscheidung nötig sind – egal, was in einer Papierurkunde ggf. noch zusätzlich steht. Die Infrastruktur muss daher von Beginn an so konzipiert werden, dass sie auch solche feingranularen Datenabrufe in der Zukunft ermöglicht. Ein wichtiger, erster Schritt hierbei: Der IT-Planungsrat hat im Juni 2022 einem Reifegradmodell des Lenkungskreises Registermodernisierung mit genau dieser Ambition zugestimmt.(5)
4 Von der Europäischen Kommission wurde ein Reifegradmodell zur Messung des Digitalisierungsgrads der Online-Verfügbarkeit von Verwaltungsleistungen entwickelt, demzufolge ein automatisierter Nachweisabruf der Reifegradstufe 4 entspricht (weitere Informationen online: https://www.onlinezugangsgesetz.de/Webs/OZG/DE/grundlagen/info-ozg/info-reifegradmodell/info-reifegradmodell-node.html; abgerufen am 25.07.2022).
5 Registermodernisierung, IT-Planungsrat, Beschluss 2022/22 vom 22.06.2022 (online: https://www.it-planungsrat.de/beschluss/beschluss-2022-22; abgerufen am 25.07.2022).
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