Nachhaltigkeit im Investitionszyklus

Ein Investitionsobjekt durchläuft einen Lebenszyklus (s. Abb. 2); diese Betrachtungsweise ist durch die Diskussion um öffentlich-private Partnerschaften gestärkt worden. Am Beginn steht die Frage, ob und was investiert werden soll. Danach geht es um die Beschaffung oder die Erstellung des betreffenden Objekts. Nach Abschluss der Investi­tions­phase folgt der laufende Betrieb. Nach Ablauf der Nutzungs­dauer steht die Frage nach Ver­wertung oder Ent­sor­gung im Raum. Für alle Phasen lassen sich Nach­haltig­keits­erwägungen anstellen:

  • Dient das Investitionsobjekt unmittelbar der Nachhaltigkeit (z. B. Wasserläufe in der Stadt zur Abmilderung hoher Temperaturen)?
  • Werden Materialien verwendet, die umweltschonend gewonnen wurden (z. B. Holz statt Beton)?
  • Ist der Energieverbrauch optimiert (Passivhausstandard)?
  • Können die verwendeten Materialien wiederverwertet werden?
  • Nachhaltigkeit verlangt daher eine integrierte Betrachtungsweise. Ist es nachhaltig, einen Parkplatz mit Rasengittersteinen anzulegen und bei der Pflege auf den Einsatz von Glyphosat zu verzichten; oder kollidiert bereits das Investitionsvorhaben als solches mit Nachhaltigkeitsprinzipien?

Lebenszyklus eines Investitionsvorhabens

Abb. 2
: Lebenszyklus eines Investitionsvorhabens

Umweltziele der EU-Taxonomie

Abb. 3
: Ziel der EU-Taxonomie-Verordnung ist ein klima­freund­licher Umbau aller Wirtschafts­sektoren mit Hilfe privater Investi­tionen. Taxo­nomie­konform ist eine Akti­vi­tät, wenn sie einen wesent­lichen Beitrag zum Erreichen von min­des­tens einem Umwelt­ziel leistet und keines der anderen Ziele beein­trächtigt. Zudem muss diese inter­natio­nalen Stan­dards in Bezug auf Menschen­rechte und Soziales, den sog. ESG-Kriterien, Genüge tun.


Die EU-Taxonomie als Lotse für nachhaltige Investitionen?


Eine wichtige Konkretisierung des schwierigen Begriffs der Nachhaltigkeit liefert – zumindest für den Bereich der natürlichen Umwelt – die Taxonomieverordnung der EU (s. Abb. 3). Sie ist Bestandteil der Green-Deal-Initiative auf europäischer Ebene und zielt vor allem auf das Erreichen der CO2-Neutralität ab. Die Taxonomie betrifft zwar die öffentliche Hand nicht unmittelbar, könnte aber Auswirkungen auf deren Investitionsentscheidungen haben. Direkte Adressaten sind Finanzinstitute und Unternehmen. So müssen Finanzinstitute offenlegen, ob und inwieweit die von ihnen bereitgestellten Produkte nachhaltigkeitskonform sind („ESG-Kriterien“).

Die Unternehmen wiederum werden über die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) angehalten, in ihrer Berichterstattung den Stakeholdern – damit auch der öffentlichen Hand – Nachhaltigkeitsinformationen zu liefern. Zwar veröffentlichen viele Unternehmen bereits heute solche Informationen; allerdings fehlt es bisher (noch) an einem verbindlichen Raster für diese Berichterstattung. Die EU-Kommission hat daher angekündigt, einheitliche European Sustainability Reporting Standards (ESRS) für die Berichterstattung im Lagebericht vorzulegen.

Die Umsetzung erfolgt in mehreren Schritten und erfasst zunächst nur börsennotierte Unternehmen. Doch darunter befinden sich bereits einige Unternehmen der öffentlichen Hand. Mit der Ausweitung auch auf kleinere und mittlere Unternehmen dürften zahlreiche, gerade kommunale Unternehmen erfasst werden.(5) Die Unter­nehmen müssen ihr Investi­tions­port­folio dement­sprechend überprüfen. Als Anteils­eignerinnen sind die Kommunen insoweit mit der Taxonomie konfrontiert.

Doch auch in anderer Hinsicht könnten Kommunen betroffen sein. Kredit­institute werden ihr Kreditportfolio an der Taxonomie ausrichten. Zwar gilt für den öffentlichen und damit auch für den kommunalen Haushalt das Gesamt­deckungs­prinzip – eine direkte Zuordnung einzelner Kredite zu bestimmten Investitionen ist nicht möglich. Doch Kreditinstitute könnten die Struktur des örtlichen Investitionsprogramms in ihre Entscheidungen einfließen lassen. Ein zweiter Aspekt betrifft potenzielle Auftragnehmer bei kommunalen Investitionsvorhaben. Soweit sie selbst der CSRD-Berichtspflicht unterliegen (oder sie freiwillig umsetzen), könnten sie ihre Angebote auf taxonomiekonforme Aufträge konzentrieren.

Wer soll das bezahlen?

Nachhaltigkeit ist keine örtliche, sondern mindestens eine nationale Aufgabe. Hierbei sind alle Gebiets­kör­per­schaf­ten gefordert. Daher wird bisweilen der Vorschlag unterbreitet, Nachhaltigkeit zur kommunalen Pflichtaufgabe zu erklären. Doch Investitionen in die Nachhaltigkeit kosten Geld. Da das sogenannte Konnexi­täts­prin­zip besagt, dass Aufgaben- und Finanz­verantwortung jeweils zusammen­gehören und die Instanz (z.B. ein Bundesland), die über eine Aufgabe entscheidet, auch für die Finan­zierung zuständig ist, ver­suchen die Bundes­länder, die Pflicht zu vermeiden. Solange es aber keine Vorgaben für die Umsetzung dieser Pflicht gibt, bleiben die Pflichtaufgaben nicht mehr als ein Programm­satz.(6)

Investitionen in die Nach­haltigkeit konkurrieren mit anderen Prio­ritäten, so vor allem mit dem Rückstand aus unterlassenen Investitionen aus Vorjahren. Viele nachhaltigkeitsbezogene Maßnahmen sind bisher vermutlich nicht in den kommunalen Investi­tions­programmen enthalten. Sie erhöhen insofern den Investitions­bedarf. Der im KfW-Kommunalpanel ausgewiesene Investitionsstau in Höhe von fast 160 Mrd. Euro(7) unterschätzt daher wohl den zukünftigen Bedarf, zumal mehr als die Hälfte auf die traditionellen Bereiche Schulen und Straßen entfällt.

Unabhängig von der konkreten Höhe des Finanzierungsbedarfs für Investi­tionen in die Nach­haltigkeit, stellt sich die Frage, wie der Mehrbedarf finanziert werden soll. Gewiss gibt es – begrenzte – Möglichkeiten, Investitionsmittel umzuschichten; das sollte auch für staatliche Förderprogramme gelten. Demgegenüber sind Steuererhöhungen wohl kaum durchzusetzen, zumal bei der Umsetzung der Grundsteuerreform die Aufkommensneutralität gewahrt bleiben soll. Michael Thöne vom Institut der Deutschen Wirtschaft glaubt, die Finan­zierung durch einen konse­quenten Bürokratie­abbau – eines der Hauptthemen der AWV – zumindest in Teilen absichern zu können.(8) Doch die Erfolge beim Bürokratieabbau sind bescheiden und mühsam.

Oft genannt wird als mögliche Lösung die Aktivierung von privatem Kapital. Als Beispiele werden das Crowd­funding, das Sponsoring, aber auch die Bildung eines (Klimaschutz-)Fonds(9) genannt.  Diese Ansätze greifen jedoch meist nur punktuell und können eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie zwar begleiten, aber nicht ersetzen.


5 Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer (Hg.): Nachhaltigkeitsberichterstattung öffentlicher Unternehmen: Mittelbare Auswirkungen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), Stellungnahme, 8. September 2022, online: https://bit.ly/3LNZtQj [21.03.2023].
6 Artikel 26a der Landesverfassung Hessen stellt die Staatsziele entsprechend unter den Vorbehalt der Leistungsfähigkeit (der Kommunen).
7 Vgl. H. Scheller: KfW-Kommunalpanel 2022: Krise als Dauerzustand?, in: Difu-Berichte 2/2022, S. 6f.
8 M. Thöne: Auf der Suche nach 300 Milliarden Euro: Staatliche Aufgaben in den fünf großen Transformationen, in: FiFo Discussion Papers 22-4, July 2022, S. 15.
9 Vgl. C. Altenburg et al. (Hg.): Klimaschutz in finanzschwachen Kommunen: Mehrwert für Haushalt und Umwelt, Berlin 2020, S. 20ff.

Grafiken: Gunnar Schwarting


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