Nachhaltigkeit im Investitionszyklus
Ein Investitionsobjekt durchläuft einen Lebenszyklus (s. Abb. 2); diese Betrachtungsweise ist durch die Diskussion um öffentlich-private Partnerschaften gestärkt worden. Am Beginn steht die Frage, ob und was investiert werden soll. Danach geht es um die Beschaffung oder die Erstellung des betreffenden Objekts. Nach Abschluss der Investitionsphase folgt der laufende Betrieb. Nach Ablauf der Nutzungsdauer steht die Frage nach Verwertung oder Entsorgung im Raum. Für alle Phasen lassen sich Nachhaltigkeitserwägungen anstellen:
Abb. 2: Lebenszyklus eines Investitionsvorhabens |
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Abb. 3: Ziel der EU-Taxonomie-Verordnung ist ein klimafreundlicher Umbau aller Wirtschaftssektoren mit Hilfe privater Investitionen. Taxonomiekonform ist eine Aktivität, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zum Erreichen von mindestens einem Umweltziel leistet und keines der anderen Ziele beeinträchtigt. Zudem muss diese internationalen Standards in Bezug auf Menschenrechte und Soziales, den sog. ESG-Kriterien, Genüge tun. |
Die EU-Taxonomie als Lotse für nachhaltige Investitionen?
Eine wichtige Konkretisierung des schwierigen Begriffs der Nachhaltigkeit liefert – zumindest für den Bereich der natürlichen Umwelt – die Taxonomieverordnung der EU (s. Abb. 3). Sie ist Bestandteil der Green-Deal-Initiative auf europäischer Ebene und zielt vor allem auf das Erreichen der CO2-Neutralität ab. Die Taxonomie betrifft zwar die öffentliche Hand nicht unmittelbar, könnte aber Auswirkungen auf deren Investitionsentscheidungen haben. Direkte Adressaten sind Finanzinstitute und Unternehmen. So müssen Finanzinstitute offenlegen, ob und inwieweit die von ihnen bereitgestellten Produkte nachhaltigkeitskonform sind („ESG-Kriterien“).
Die Unternehmen wiederum werden über die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) angehalten, in ihrer Berichterstattung den Stakeholdern – damit auch der öffentlichen Hand – Nachhaltigkeitsinformationen zu liefern. Zwar veröffentlichen viele Unternehmen bereits heute solche Informationen; allerdings fehlt es bisher (noch) an einem verbindlichen Raster für diese Berichterstattung. Die EU-Kommission hat daher angekündigt, einheitliche European Sustainability Reporting Standards (ESRS) für die Berichterstattung im Lagebericht vorzulegen.
Die Umsetzung erfolgt in mehreren Schritten und erfasst zunächst nur börsennotierte Unternehmen. Doch darunter befinden sich bereits einige Unternehmen der öffentlichen Hand. Mit der Ausweitung auch auf kleinere und mittlere Unternehmen dürften zahlreiche, gerade kommunale Unternehmen erfasst werden.(5) Die Unternehmen müssen ihr Investitionsportfolio dementsprechend überprüfen. Als Anteilseignerinnen sind die Kommunen insoweit mit der Taxonomie konfrontiert.
Doch auch in anderer Hinsicht könnten Kommunen betroffen sein. Kreditinstitute werden ihr Kreditportfolio an der Taxonomie ausrichten. Zwar gilt für den öffentlichen und damit auch für den kommunalen Haushalt das Gesamtdeckungsprinzip – eine direkte Zuordnung einzelner Kredite zu bestimmten Investitionen ist nicht möglich. Doch Kreditinstitute könnten die Struktur des örtlichen Investitionsprogramms in ihre Entscheidungen einfließen lassen. Ein zweiter Aspekt betrifft potenzielle Auftragnehmer bei kommunalen Investitionsvorhaben. Soweit sie selbst der CSRD-Berichtspflicht unterliegen (oder sie freiwillig umsetzen), könnten sie ihre Angebote auf taxonomiekonforme Aufträge konzentrieren.
Wer soll das bezahlen?
Nachhaltigkeit ist keine örtliche, sondern mindestens eine nationale Aufgabe. Hierbei sind alle Gebietskörperschaften gefordert. Daher wird bisweilen der Vorschlag unterbreitet, Nachhaltigkeit zur kommunalen Pflichtaufgabe zu erklären. Doch Investitionen in die Nachhaltigkeit kosten Geld. Da das sogenannte Konnexitätsprinzip besagt, dass Aufgaben- und Finanzverantwortung jeweils zusammengehören und die Instanz (z.B. ein Bundesland), die über eine Aufgabe entscheidet, auch für die Finanzierung zuständig ist, versuchen die Bundesländer, die Pflicht zu vermeiden. Solange es aber keine Vorgaben für die Umsetzung dieser Pflicht gibt, bleiben die Pflichtaufgaben nicht mehr als ein Programmsatz.(6)
Investitionen in die Nachhaltigkeit konkurrieren mit anderen Prioritäten, so vor allem mit dem Rückstand aus unterlassenen Investitionen aus Vorjahren. Viele nachhaltigkeitsbezogene Maßnahmen sind bisher vermutlich nicht in den kommunalen Investitionsprogrammen enthalten. Sie erhöhen insofern den Investitionsbedarf. Der im KfW-Kommunalpanel ausgewiesene Investitionsstau in Höhe von fast 160 Mrd. Euro(7) unterschätzt daher wohl den zukünftigen Bedarf, zumal mehr als die Hälfte auf die traditionellen Bereiche Schulen und Straßen entfällt.
Unabhängig von der konkreten Höhe des Finanzierungsbedarfs für Investitionen in die Nachhaltigkeit, stellt sich die Frage, wie der Mehrbedarf finanziert werden soll. Gewiss gibt es – begrenzte – Möglichkeiten, Investitionsmittel umzuschichten; das sollte auch für staatliche Förderprogramme gelten. Demgegenüber sind Steuererhöhungen wohl kaum durchzusetzen, zumal bei der Umsetzung der Grundsteuerreform die Aufkommensneutralität gewahrt bleiben soll. Michael Thöne vom Institut der Deutschen Wirtschaft glaubt, die Finanzierung durch einen konsequenten Bürokratieabbau – eines der Hauptthemen der AWV – zumindest in Teilen absichern zu können.(8) Doch die Erfolge beim Bürokratieabbau sind bescheiden und mühsam.
Oft genannt wird als mögliche Lösung die Aktivierung von privatem Kapital. Als Beispiele werden das Crowdfunding, das Sponsoring, aber auch die Bildung eines (Klimaschutz-)Fonds(9) genannt. Diese Ansätze greifen jedoch meist nur punktuell und können eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie zwar begleiten, aber nicht ersetzen.
5 Vgl. Institut der Wirtschaftsprüfer (Hg.): Nachhaltigkeitsberichterstattung öffentlicher Unternehmen: Mittelbare Auswirkungen der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), Stellungnahme, 8. September 2022, online: https://bit.ly/3LNZtQj [21.03.2023].
6 Artikel 26a der Landesverfassung Hessen stellt die Staatsziele entsprechend unter den Vorbehalt der Leistungsfähigkeit (der Kommunen).
7 Vgl. H. Scheller: KfW-Kommunalpanel 2022: Krise als Dauerzustand?, in: Difu-Berichte 2/2022, S. 6f.
8 M. Thöne: Auf der Suche nach 300 Milliarden Euro: Staatliche Aufgaben in den fünf großen Transformationen, in: FiFo Discussion Papers 22-4, July 2022, S. 15.
9 Vgl. C. Altenburg et al. (Hg.): Klimaschutz in finanzschwachen Kommunen: Mehrwert für Haushalt und Umwelt, Berlin 2020, S. 20ff.
Grafiken: Gunnar Schwarting
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