„Es lohnt sich, bei der AWV mitzuarbeiten!“ AWV-Präsident Werner Schmidt und AWV-Vizepräsident Christoph Verenkotte im Doppelinterview

Herr Schmidt, Herr Verenkotte, Sie beide repräsentieren jetzt seit genau zehn Jahren als Präsidium die ehrenamtliche Spitze der AWV. Wenn Sie auf diese Dekade zurückblicken, an welche Entwicklungen, an welche Erfolge denken Sie zuerst?

Werner Schmidt: Die AWV hat sich in den letzten zehn Jahren noch stärker in die Digitalisierung von Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft eingebracht – nicht nur bei Bürokratieabbau und Deregulierung, und das nicht nur in unseren „klassischen“ Themen wie dem Datenschutz, den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung oder der Verwaltungsvereinfachung.

Christoph Verenkotte: Auch die Bandbreite der Themen hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt: So beschäftigen sich Arbeitskreise der AWV heute auch mit den Chancen und Risiken der Einführung Künstlicher Intelligenz in der öffentlichen  Verwaltung oder mit der sogenannten „Digitalen Identität“.

Werner Schmidt: Und wir beteiligen uns auch verstärkt mit eigenen Produkten und Standards an der verwaltungsrelevanten Digitalisierung und damit der Modernisierung Deutschlands: Da gibt es zum einen das von der AWV entwickelte einheitliche XML-basierte Transportverfahren eXTra, mit dem jährlich über eine  Milliarde Bescheinigungen und Belege zwischen Arbeitgebern und z.B. Sozialversicherungen oder Rententrägern  transportiert werden. Daneben gibt es den Standard zur elektronischen Rechnungsstellung, unsere sehr erfolgreiche ZUGFeRD-Lösung, die wir gemeinsam mit unseren franzö­si­schen Partnern zu einem einheitlichen, grenzüberschreitenden Standard weiterentwickelt haben. Dass dies auch der Zuwendungsgeber, das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie so sieht, zeigt sich z.B. darin, dass das BMWi das „Forum elektronische Rechnung Deutschland“ (FeRD) dauerhaft unter dem Dach der AWV eingerichtet hat und auch sonst auf die AWV „setzt“, um die Digitalisierungsziele erreichen zu können.

Christoph Verenkotte: In den letzten Jahren haben wir auch das Netzwerk unserer ehrenamtlichen Experten noch weiter ausgebaut. Die AWV verfügt über sehr gute Kontakte zu Fachabteilungen der Ministerien und zu kompetenten Fachleuten aus führenden Unternehmen und aus dem gemeinnützigen, sozialen und kulturellen Bereich. Mit über 1.200 Mitgliedern hat unser Netzwerk den Anspruch, sowohl die Wirtschaft mit ihren großen, mittleren und kleineren Unternehmen als auch die Verwaltung auf allen drei Ebenen – Bund, Länder, Kommunen – und zunehmend auch auf der europäischen Ebene abzubilden. Und nicht zuletzt haben wir in den vergangenen Jahren auch den Dritten Sektor stärker in unsere Arbeit mit einbezogen. Dies macht uns zu einem gefragten Partner in allen gesellschaftlichen Bereichen.

Die Corona-Krise bestimmt derzeit die (Arbeits-)Welt. Wie hat sich die aktuelle Pandemie auf die Arbeit der AWV ausgewirkt? Liegt in der Krise auch eine Chance?

Werner Schmidt: Tatsächlich sind in der aktuellen Krise Fragen aufgeworfen worden, für deren schnelle Bearbeitung innerhalb der AWV Expertinnen und Experten umgehend in einen regen Austausch getreten sind. Das betrifft beispielsweise die Vereinheitlichung der Anträge auf Verdienstausfallentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz. Der AWV-Vorschlag hierfür sieht so aus, dass eine Berechnung analog zum Kurzarbeitergesetz erfolgen soll. Ziel ist die Erstellung eines möglichst einfachen bundesweit einheitlichen elektronischen Antrags. Die bisherigen Reaktionen aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, aus dem Bundeskanzleramt, von Digitalisierungsspezialisten des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat sowie einiger Länderministerien sind positiv ausgefallen.

Bemerkenswert ist, dass diese neuen Themen in Gänze – trotz der neuen Bedingungen – aus der ehrenamtlichen Facharbeit heraus konzipiert und mit Referenten besetzt werden. Hier zeigt sich nicht nur die fachliche Kompetenz, sondern auch die Schnelligkeit, mit der die AWV-Fachgremien auf aktuelle Herausforderungen reagieren können.

Jetzt zeigt sich erneut, dass Veränderungen immer dann leicht vorangetrieben werden können, wenn eine gewisse Not oder ein Zwang sie erfordern.

Christoph Verenkotte: Der Trend zu mobilem und ortsunabhängigem Arbeiten, der in Wirtschaft und Verwaltungen ja seit Jahren unverkennbar ist, hat in dieser Krise nochmals einen Schub erfahren.

Auch in der AWV sieht die aktuelle Arbeitsweise so aus, dass die Arbeitskreistreffen nicht mehr in Präsenzform stattfinden, sondern in vielen Fachausschüssen virtuell abgehalten werden. Und für die hauptamtlichen AWV-Mitarbeiter/-innen stehen Telkos, Webkonferenzen und Homeoffice derzeit auf der Tagesordnung.

Bislang kann man trotz der schwierigen Situation eine positive Bilanz für die Zusammenarbeit in der Krise ziehen. Es ist also gut vorstellbar, dass die ehrenamtliche Mitarbeit bei der AWV in Zukunft vermehrt moderne Methoden der virtuellen Zusammenarbeit nutzt.

Werner Schmidt: Die ersten Weichen für diese flexiblere Art der Zusammenarbeit wurden übrigens bereits 2018 in einem AWV-Strategiepapier festgehalten. Hierin haben wir vom AWV-Vorstand nicht nur eine gemeinsame Strategie zu Themen der Digitalisierung entworfen, sondern auch zur internen digitalen Zusammenarbeit, um die AWV zukunftsfähig aufzustellen.

Das Verhältnis zwischen den Sektoren unterliegt schon immer einem steten Wandel, in Zeiten der digitalen Transformation einem besonders rasanten: Worin liegen die Herausforderungen, um diesen Wandlungsprozess aktiv mitzugestalten?

Werner Schmidt: Die AWV ist eine Plattform für den Austausch zwischen Wirtschaft, Drittem Sektor und Verwaltung. Ich halte es daher für ganz entscheidend, weiterhin das gegenseitige Vertrauen und Verständnis füreinander zu fördern. Bei uns werden u.a. auch temporäre Projekte dazu genutzt Veränderungen anzustoßen – beispielsweise auf der Grundlage eines Selbsttests für Kommunen, um den eigenen Digitalisierungsgrad zu überprüfen, oder auch auf der Grundlage von Stellungnahmen zur Modernisierung von Verwaltungsstrukturen, zum Bespiel im Zuwendungsbereich. So ist die AWV auch in die Entwicklung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) eingebunden und arbeitet auch an der geplanten Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) mit, an der Akteure aus allen Sektoren beteiligt sind.

Christoph Verenkotte: Die AWV kann dazu beitragen, indem sie die Verzahnung und Digitalisierung von Prozessen und Verfahren an der Schnittstelle von Verwaltung, Wirtschaft und Drittem Sektor weiterhin unterstützt und fördert. Denn wichtig ist, dass in einer digitalisierten Welt die Dialogfähigkeit zwischen den Sektoren sichergestellt bleibt. Als erfolgskritisch erweist sich dabei eine inhaltlich-sachliche, synergieorientierte Herangehensweise, die die Qualität der Zusammenarbeit innerhalb der AWV-Facharbeit auszeichnet.

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