95 Jahre AWV: Automatisierung und Datenspeicherung – Läuft uns die Technik davon?

Im Januar 1958 findet sich in den AWV-Mitteilungen ein Artikel mit der Überschrift "Läuft uns die Technik davon?", in dem konstatiert wird, dass es "[ü]berall in der Wirtschaft […] in zunehmendem Maße an qualifizierten Fachleuten [fehlt]", um die technischen Möglichkeiten sinnvoll zu nutzen. Als zentrales Augenmerk für die weitere Arbeit der AWV hält der Artikel die Aus­einandersetzung mit "Fragen und Problemen der Organisation" fest. In der ungenügenden technisch-organisatorischen Anpassung der Prozesse wird die zentrale Ursache für unwirtschaftliche Verfahren gesehen, da die vorhandenen technischen Möglichkeiten nicht effektiv genutzt würden. In Konsequenz hatte die AWV zu diesem Thema diverse Arbeitskreise gebildet, die Fragen im Umfeld der Automatisierung von Verwaltungsarbeiten und neue Entwicklungen auf dem Gebiet der elektronischen Bürohilfsmittel aufnehmen und berücksichtigen sollen (s. Abb. 1).

Abb. 1: Themen der Arbeitskreise des AWV-Fachausschusses „Automatisierung in der Verwaltung“ im Jahr 1958 (Quelle: AWV-Mitteilungen, Heft 3/1958, S. 5)

So wird in den 1950er Jahren die Lochkarte als aktuelle Datenverarbeitungstechnologie in mehreren Arbeitskreisen behandelt. Neben der Festlegung einer Terminologie stehen auch Fragen des zwischenbetrieblichen Austauschs von Lochkarten und der tariflichen Eingruppierung der im Lochkartenverfahren eingesetzten Arbeitskräfte auf der Tagesordnung.

Speicherung und Archivierung
Ein ganzer Fachausschuss mit mehreren Arbeitsgremien konzentriert sich in den 1950er Jahren auf das Thema Mikroverfilmung, um den Einsatz des neuen Mediums für die Speicherung und Archivierung von Dokumenten zu ermöglichen, zu erleichtern und abzusichern. Die Arbeitskreise dieses Fachausschusses, der von Professor Dr. Winter vom Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archiv geleitet wurde, befassten sich intensiv mit den Anwendungsbereichen, den juristischen Fragen und der Technik des Mikrofilms.

Hoher Praxisbezug
Konstitutiv für die damalige wie heutige Facharbeit der AWV-Gremien ist dabei der hohe Praxisbezug, das Arbeiten mit Beispielen und Leitfäden und der offene gegenseitige Austausch. Beispielhaft dafür steht die Optimierung der Nutzung technischer Verfahren für die Archivierung: In den 1950er Jahren beschäftigt sich die AWV bereits in den Arbeitsgremien des Fachausschusses mit den Anwendungsmöglichkeiten des modernen Mikrofilmverfahrens. Es werden Leitfäden und Leitsätze zum Umgang mit der Mikroverfilmung veröffentlicht, Erfahrungsberichte gegeben und die Rechtssicherheit untersucht (s. Abb. 2).


Abb. 2: Auszug aus dem Beitrag „Erfahrungsaustausch über die Anwendung des Mikro­films“ des AWV-Fachausschusses „Mikrofilm“ aus dem Jahr 1955 (Quelle: AWV-Mitteilungen, Heft 11/1955, S. 7)

Die AWV nutzt dabei aktiv die Plattform der ehrenamtlichen Facharbeit für eine ergebnisorientierte Kommunikation zwischen Unternehmen und öffentlicher Verwaltung, um die effektive Nutzung des neuen technischen Verfahrens auch rechtlich abzusichern.

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Bild: Adobe Stock: Dominique BIDON