Seit 25 Jahren gibt es Bürgerstiftungen in Deutschland. Nun liegt ihr Stiftungskapital erstmals bei mehr als einer halben Milliarde Euro. Das geht aus dem „Report Bürgerstiftungen. Fakten und Trends 2021“ (PDF-Datei, 1,1 MB) hervor, der Ende September veröffentlicht wurde. Mit dem Report erhebt die Stiftung Aktive Bürgerschaft seit 2006 die wichtigsten Indikatoren der finanziellen Entwicklung der Bürgerstiftungen.
In der Erhebung für 2021 wurden die 420 Bürgerstiftungen in Deutschland auf digitalem Wege zu ihren Finanzkennzahlen der Jahre 2019 und 2020 befragt. Die Ergebnisse belegen, dass die Bürgerstiftungen trotz Corona-Pandemie, Krisen und anhaltend niedriger Zinsen wachsen. Auch Spendeneinnahmen und Projektfördermittel sind im Vergleich zur letzten Befragung 2019 gestiegen. So haben Bürgerstiftungen seit ihren Anfängen in Deutschland vor 25 Jahren insgesamt 173 Mio. Euro Spenden eingeworben und gemeinnützige Projekte mit rund 210 Mio. Euro unterstützt.
Bundesweit aktiv in ihren Gremien und Projekten sind rund 27.000 Menschen. Mehr als 30.000 Einzelpersonen und Unternehmen haben bereits Geld an Bürgerstiftungen gestiftet. Zustiftungen spielen weiterhin eine größere Rolle als Spenden, die zeitnah und in vollem Umfang in die Projektarbeit fließen. Bei Zustiftungen dagegen bleibt das Vermögen erhalten, gearbeitet wird mit den Erträgen.
Dass nach wie vor mehr Geld gestiftet als gespendet wird, belegt für Dr. Stefan Nährlich, Geschäftsführer und Mitglied im Vorstand der Stiftung Aktive Bürgerschaft, „die anhaltende Attraktivität des Modells und zeigt, wie groß das Vertrauen in die Bürgerstiftungen ist.“ Die meisten Zustiftungen gingen dabei an diejenigen Bürgerstiftungen, die Stiftungsfonds und Treuhandstiftungen anbieten. 867 Stiftungsfonds und Treuhandstiftungen verwalten die Bürgerstiftungen aktuell. Bernadette Hellmann, stellvertretende Geschäftsführerin der Stiftung Aktive Bürgerschaft, freut sich über diese positive Entwicklung: „Als Mitmach-Stiftungen haben Bürgerstiftungen in 420 Orten bundesweit eine nachhaltige Infrastruktur für das Engagement aufgebaut. Sie sind zu verlässlichen und unverzichtbaren Partnerinnen für Menschen, Unternehmen und die Politik geworden.“
Die erfolgreichsten Bürgerstiftungen Deutschlands
In den Kategorien Kapitalwachstum, Spendeneinnahmen und Projektfördersumme liegen die Bürgerstiftung Hannover, die BürgerStiftung Düsseldorf und die BürgerStiftung Hamburg in diesem Jahr ganz vorn. Während Hannover einen Zugewinn von 5,2 Mio. Euro beim Stiftungskapital verzeichnete, konnte Düsseldorf mit 1,8 Mio. Euro besonders viele Spenden einnehmen. Hamburg vergab mit 3,1 Mio. Euro die meisten Projektfördermittel.
Auch im ländlichen Raum mit geringer Einwohnerzahl sind Bürgerstiftungen erfolgreich. Umgerechnet 15 Euro pro Einwohner bzw. Einwohnerin vergab die Bürgerstiftung Nindorf in Dithmarschen an Projektfördermitteln. Damit belegt sie in dieser Kategorie den Spitzenplatz. „Das ist eine vielversprechende Nachricht für unsere Gesellschaft,“ findet Ulrike Reichart, Leiterin des Bündnisses der Bürgerstiftungen Deutschlands.
Der Dritte Sektor in der AWV-Facharbeit
Insgesamt engagieren sich in Deutschland mehr als 30 Millionen Menschen ehrenamtlich in Bürgerstiftungen, Vereinen, Initiativen und anderen Organisationen des Dritten Sektors. Bürgerschaftliches Engagement trägt in hohem Maße zu einer lebenswerten Gesellschaft bei und steht gleichzeitig vor vielfältigen Herausforderungen.
Im AWV-Arbeitskreis 1.6 „Bürokratieentlastung und Digitalisierung des Dritten Sektors und des bürgerschaftlichen Engagements“ unter der Leitung von Larissa Probst, Geschäftsführerin des Deutschen Fundraising Verbandes e.V., sowie Dr. Jörg Alvermann, Anwaltskanzlei Streck, arbeiten Vertreter des Dritten Sektors, der öffentlichen Verwaltung und auch der Privatwirtschaft gemeinsam an Fragen der Bürokratieentlastung. Sie diskutieren Chancen und Potenziale, die sich durch eine Digitalisierung von Verwaltung, Drittem Sektor und des bürgerschaftlichen Engagements ergeben. In einem offenen Austausch verfolgen sie ein gemeinsames Ziel: Gute Rahmenbedingungen für Engagement und Ehrenamt.
Hintergrundinformationen
Was sind Bürgerstiftungen?
Bürgerstiftungen sind lokal wirkende Stiftungen, die es inzwischen in 420 Städten und Regionen in Deutschland gibt. Ihre Kennzeichen sind die breiten Stiftungszwecke sowie ihre Unabhängigkeit von Einzelinteressen. Bei diesen Mitmach-Stiftungen kann sich jeder vor Ort engagieren – mit Geld, Zeit und Ideen. Als Bürgerstiftungen gelten Stiftungen, deren Satzungen den „10 Merkmalen einer Bürgerstiftung“ des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen entsprechen. Weitere Informationen online unter www.buergerstiftungen.org/de/buergerstiftungen/was-ist-eine-buergerstiftung sowie www.aktive-buergerschaft.de/buergerstiftungen.
Bündnis der Bürgerstiftungen Deutschlands
Das Bündnis der Bürgerstiftungen Deutschlands vertritt die Interessen der deutschen Bürgerstiftungen gegenüber der Zivilgesellschaft und der Öffentlichkeit. Es stärkt Bürgerstiftungen in ihrer Rolle als lokale Experten und Anlaufstelle des bürgerschaftlichen Engagements. Das Team des Berliner Büros informiert und berät Bürgerstiftungen, Gründungsinitiativen und Einzelpersonen und unterstützt mit einer Vielzahl an Vernetzungs- und Weiterbildungsangeboten die Bürgerstiftungsarbeit. Weitere Informationen unter www.buergerstiftungen.org.
Stiftung Aktive Bürgerschaft
Die gemeinnützige Stiftung Aktive Bürgerschaft ist das Kompetenzzentrum für Bürgerengagement der Volksbanken Raiffeisenbanken. Sie unterstützt bundesweit die 420 Bürgerstiftungen bei Managementaufgaben, Projekten und der Gewinnung von Stiftern und Aktiven. Mit dem Service-Learning-Programm sozialgenial unterstützt sie mehr als 800 Schulen in Nordrhein-Westfalen und Hessen darin, junge Menschen frühzeitig an ehrenamtliches Engagement heranzuführen.
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