Datenaustausch Arbeitgeber, Finanzverwaltung und private Krankenversicherung kommt

Am 17. Juli 2020 hat das Bundesfinanzministerium (BMF) den Referenten-Entwurf für ein Jahressteuergesetz 2020 veröffentlicht (https://bit.ly/3eXnrVc). Neben der Änderung zahlreicher steuerlicher Vorschriften sieht das über zweihundert Seiten starke Dokument die Einführung  eines verpflichtenden Datenaustauschs zwischen den Unternehmen der privaten Krankenversicherung, der Finanzverwaltung und den Arbeitgebern ab dem 1. Januar 2024 vor (ab dem 1. Januar 2023 ist eine Pilotphase angedacht). Dadurch soll das Lohnsteuerabzugsverfahren auch in diesem Bereich endlich komplett automatisiert und die Papierbescheinigungen vollständig ersetzt werden. Das BMF greift ein Thema auf, welches in den Fachgremien der AWV – insbesondere im Bescheinigungsarbeitskreis (AK 2.18) und dem Arbeitskreis „Prozesskette Lohnsteuer“ (AK 2.3) – schon seit Jahren intensiv diskutiert und fachlich begleitet wird.

Worum geht es konkret?

Derzeit darf der Arbeitgeber Zuschüsse zu einer privaten Kranken und Pflegeversicherung des Arbeitnehmers nur dann steuerfrei lassen, wenn der Arbeitnehmer eine Bescheinigung des Versicherungsunternehmens vorlegt, aus der sich ergibt, dass die entsprechenden Voraussetzungen für die Steuerfreiheit vorliegen. Soweit der Arbeitgeber die steuerfreien Zuschüsse unmittelbar an den Arbeitnehmer auszahlt, hat der Arbeitnehmer die zweckentsprechende Verwendung durch eine Bescheinigung des Versicherungsunternehmens über die tatsächlichen Kranken- und Pflege-Pflichtversicherungsbeiträge nach Ablauf eines jeden Kalenderjahres nachzuweisen. Bei der Berechnung der Lohnsteuer werden über die Vorsorgepauschale auch Beiträge zur privaten Basiskranken und Pflege-Pflichtversicherung berücksichtigt.

Hierfür muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber die abziehbaren privaten Basiskranken und Pflege-Pflichtversicherungsbeiträge mittels einer Beitragsbescheinigung des Versicherungsunternehmens mitteilen. Diese beiden Bescheinigungsverfahren (für den steuerfreien Zuschuss und für die Lohnsteuerberechnung) verursachen einen erheblichen bürokratischen Aufwand auf Seiten der Unternehmen der privaten Kranken- und Pflegeversicherung, der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Deshalb wird ein umfassender Datenaustausch eingeführt, mit dem alle  bisherigen Papierbescheinigungen entbehrlich werden. Das neue Verfahren nutzt dabei die bestehende Dateninfrastruktur und das bewährte Verfahren zu den elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmalen (ELStAM-Verfahren). Insofern wird ein Konzept umgesetzt, welches bereits im Jahr 2017 von einer Ad-hoc-Arbeitsgruppe der AWV untersucht und veröffentlicht wurde.

→ Hier finden Sie das AWV-Konzeptpapier (PDF, 137 KB) und die zugehörige Anlage (Entwurf Datensatz) (PDF, 256 KB) als Download.

An der Erstellung des Konzeptpapiers haben mitgewirkt:

  • Audi AG
  • Barmenia Versicherungen
  • BDA Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
  • Bundesministerium der Finanzen
  • Bundeszentralamt für Steuern
  • Lufthansa Global Business Services GmbH
  • Rechenzentrum der Finanzverwaltung NRW
  • UBM Drecker GmbH
  • Verband der Privaten Krankenversicherung e.V.
  • Volkswagen AG

Die Entwicklung ist ein weiteres positives Beispiel dafür, wie wertvoll das Zusammenwirken von Unternehmen, Behörden und Verbänden auf der neutralen Plattform der AWV ist. Wir werden das Thema weiter begleiten und über den Verlauf – insbesondere auch über die angedachte Pilotphase – berichten.

Über den Arbeitskreis „Prozesskette Lohnsteuer“

Der Arbeitskreis 2.3 „Prozesskette Lohnsteuer“ behandelt neben Fragen zur praktischen Anwendung des ELStAM-Verfahrens auch weitere steuerrechtliche Themen. Er analysiert und reagiert auf aktuelle Entwicklungen und Änderungen in den Bereichen Meldedaten, FA-Daten, Lohn- und Gehaltsdaten, Lohnsteuerabgleich und Sozialversicherungsrecht. Technische Fragen werden in gesonderten Sitzungen und in separaten Unterarbeitsgruppen behandelt.

Über den Arbeitskreis „Vereinheitlichung der Bescheinigungen in der Lohn- und Gehaltsabrechnung“

Schwerpunkt des seit 1987 bestehenden Arbeitskreises 2.18 („Vereinheitlichung der Bescheinigungen in der Lohn- und Gehaltsabrechnung“) ist die Vorgabe von in der Praxis akzeptierten Bescheinigungsmustern für die maschinelle Erstellung von Verdienstbescheinigungen in Entgeltsabrechnungsprogrammen. Dies setzt die Optimierung und Harmonisierung der gesetzeskonformen Bezeichnung sowie die Beschreibung und Anwendung der Verdienstbegriffe und sonstiger Bescheinigungsinhalte voraus. Die maschinellen Vordruckmuster werden im Rahmen einer Nutzungsvereinbarung vertrieben und rund 70 Softwarehäusern zur Verfügung gestellt. Diese Aktivitäten sind eng verknüpft mit der Implementierung des elektronischen Austausches von (Verdienst-) Bescheinigungsdaten zwischen Arbeitgebern und den jeweiligen Adressaten, zum Beispiel in den sog. „BEA“-Verfahren der Rentenversicherung und der Arbeitsverwaltung, die unterstützt werden.

Autor: Volker Will, AWV e.V. / Bild: Fotolia, Nmedia