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Künstliche Intelligenz in der Stiftungsarbeit

Elf KI-Anwendungsbeispiele mit praktischem Nutzen für den Stiftungs- und Büroalltag

vonDr. Stefan Nährlich | Stiftung Aktive Bürgerschaft

Dr. Stefan Nährlich / Ideogram

Die Aufgaben, die KI-Tools inzwischen übernehmen können, sind vielfältig. Wie können gemeinnützige Organisationen mit diesen arbeiten? Ein Praxisbericht.

Das Management-Magazin Harvard Business Review hat kürzlich untersucht, was Nutzer KI-Modelle fragen. Das Ergebnis: Berufliches steht beim Dialog mit Künstlicher Intelligenz nicht im Vordergrund. Und doch kann man ChatGPT & Co. auch für die profanen Dinge im Stiftungs- und Büroalltag einsetzen.

Aber wofür genau? In diesem Beitrag werden elf Beispiele mit praktischem Nutzen aus der Stiftung Aktive Bürgerschaft vorgestellt und Hinweise zum richtigen Umgang mit Künstlicher Intelligenz gegeben. Die Erwähnung der eingesetzten KI-Anwendungen soll der Transparenz dienen. Es besteht keine Kooperation mit einzelnen Anbietern. Ergänzend finden Sie auf der Website der Stiftung Aktive Bürgerschaft die Präsentation „Künstliche Intelligenz für gemeinnützige Organisationen” mit einigen Screenshots der nachfolgenden Beispiele, auf denen die Prompts und Antworten der KI-Anwendungen zu sehen sind.

Praxisbeispiele

  1. Die KI als Dialogpartner
    Ausgangslage: Es ist keine Personalabteilung vorhanden und eine Stellenausschreibung muss formuliert werden.

    Die Antwort der KI auf die Frage beispielsweise, welche Erwartungen Berufseinsteiger im gemeinnützigen Bereich an ihren Arbeitgeber haben, ist strukturiert, ausführlich und plausibel. Sie hilft, die bisherigen betrieblichen Gewohnheiten und die eigene Perspektive zu reflektieren, vielleicht eher unbewusst vorhandene Optionen explizit in das Stellenangebot aufzunehmen oder entsprechend zu entwickeln. Es ist darauf zu achten, dass eine KI-generierte Ausschreibung nicht gegen gesetzliche Vorschriften wie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verstößt.

    KI-Tool: beispielsweise ChatGPT
     
  2. Besser texten mit KI-Unterstützung
    Ausgangslage: Gesucht wird eine knackige Überschrift für die Presse-Information, ein fertiger Text ist zu redigieren oder eine schöne Alliteration zu finden.

    Der Entwurf von Texten und die Überarbeitung von Texten durch KI kann Zeit sparen und Texte verbessern. Der eigene Stil kann von der KI durch entsprechende Benutzereingaben berücksichtigt werden. Mögliche Überschriften oder Alliteration werden in wenigen Sekunden in großer Vielzahl generiert. Positiver Nebeneffekt: die Überschrift als prägnante Zusammenfassung gibt dem Autor auch eine Rückmeldung zur Verständlichkeit des Textes.

    KI-Tool: beispielsweise ChatGPT
     
  3. Fördermöglichkeiten finden
    Ausgangslage: Es ist wenig Geld und wenig Zeit vorhanden.

    KI-Anwendungen können zeitsparend Ausschreibungstexte von Förderprogrammen analysieren, Anschlussfähigkeiten für Förderungen der eigenen Stiftung erkennen und Argumente für den Antrag liefern – entsprechende Eingabebefehle vorausgesetzt. Die KI kann auch helfen, den Antrag plausibel zu formulieren. Die neuen KI-Modelle mit Reasoning bzw. DeepResearch-Funktionen sind in der Lage, in begrenztem Umfang auch nach Fördermöglichkeiten im Internet zu recherchieren.

    KI-Tool: beispielsweise Google Gemini
     
  4. Förderanträge bearbeiten
    Ausgangslage: Die Zahl der Förderanträge an Ihre Stiftung nimmt zu.

    Die Bearbeitung einer großen Anzahl von Förderanträgen kann eine zeitliche und personelle Herausforderung darstellen. KI-Anwendungen können dabei helfen, digital vorliegende Förderanträge strukturiert nach den jeweils zu berücksichtigenden Kriterien zeitsparend auszuwerten und Entscheidungsvorschläge zu machen. Abgesehen vom technisch Machbaren, stellt sich die Frage, ob der Einsatz von Künstlicher Intelligenz derartige Förderentscheidungen nicht auch objektiver macht und mögliche individuelle Präferenzen von Entscheidern außen vorlässt.

    KI-Tool: beispielsweise ChatGPT
     
  5. Fotos bearbeiten
    Ausgangslage: Bei einem Fotoshooting wurde vergessen, Bilder auch im Querformat anzufertigen.

    Entgegen den üblichen Portraitfotos im Hochformat werden für Webseiten oder für den Einsatz in Social-Media-Kanälen oft Bilder in anderen Formaten benötigt. Grafikprogramme wie Adobe Photoshop können Fotos mittels KI-Funktionen erweitern, d.h., die neuen, leeren Flächen generativ füllen. Durch einfache Textbefehle ist auch die Manipulation von Bildinhalten möglich. So können beispielsweise Namensschilder leicht entfernt werden, es können aber auch Personen entfernt oder verändert werden. Etwaige Urheber- bzw. Nutzungsrechte sind zu beachten.

    KI-Tool: beispielsweise in Adobe Photoshop
     
  6. Bilder neu erschaffen
    Ausgangslage: Für die Story im Stiftungsmagazin fehlt noch ein Foto.

    Neben der Bearbeitung von Fotos können KI-Anwendungen auch dazu genutzt werden, Bilder von Grund auf neu zu erschaffen. Ein reales Bild kann dabei als Vorlage dienen, von dem eine KI eine Bildbeschreibung anfertigt, die dann einer Bild-KI als Prompt mit den Informationen zur Generierung des neuen Bildes dient. Bei der Stiftung Aktive Bürgerschaft setzen wir aus grundsätzlichen Erwägungen keine KI-generierten Bilder ein, wie auch Stockbilder nur im Ausnahmefall. Eine Kennzeichnungspflicht bei KI-generierten Bildern gilt es zu beachten.

    KI-Tool: beispielsweise Ideogram
     
  7. Musik und Podcasts erschaffen
    Ausgangslage: Mit einem Lied Identifikation stärken oder mit einem Podcast neue Interessenten erreichen?

    Spezielle KI-Anwendungen generieren durch einfache Texteingaben Musik mit oder ohne Text. Verschiedene Musikstile lassen sich auswählen. Auch ein vorliegender Text kann als Grundlage für ein Lied dienen. Podcasts: Die großen Streaming-Plattformen bieten möglicherweise einen zusätzlichen Vertriebskanal, durch Podcasts weitere Interessenten zu erreichen. Aus Webseiten, Artikeln oder PowerPoint-Präsentationen können durch entsprechende KI-Anwendungen automatisch Podcasts erstellt werden.

    KI-Tool: beispielsweise Riffusion und ElevenLabs
     
  8. Schulungsvideos erstellen
    Ausgangslage: Ein Video soll den neuen Ehrenamtlichen anschaulich erklären, wofür sich Ihre gemeinnützige Organisation engagiert.

    KI-Anwendungen können – über Texteingaben und die Auswahl angebotener Sprecher, konfigurierbarer Hintergründe und individuell eingeblendeter Elemente – beispielsweise Schulungsvideos erstellen. Das spart viel Zeit und Kosten, da keine Inhalte gefilmt und bearbeitet werden müssen, und, weil Korrekturen oder nachträgliche Änderungen durch einfache Texteingaben vorgenommen werden. Die lippensynchrone Übersetzung in andere Sprachen ist möglich.

    KI-Tool: beispielsweise ElevenLabs
     
  9. KI mit dem Wissen Ihres Vereins
    Ausgangslage: Wie ist das geregelt, wann haben wir das beschlossen, wer weiß das noch?

    Organisationseigene Informationen wie Protokolle, Berichte, Satzungen, Geschäftsordnungen, Newsletter oder anderen Dokumenten können dauerhaft in KI-Anwendungen hochgeladen werden. Diese speziellen KI-Tools können dann von allen Berechtigten genutzt werden, um durch Abfragen die entsprechenden Informationen zu erhalten. Eine vereinsinterne Wissensdatenbank braucht so nicht manuell angelegt und regelmäßig gepflegt werden.

    KI-Tool: beispielsweise Google NotebookLM
     
  10. Protokollieren, transkribieren, übersetzen
    Ausgangslage: Wer schreibt mit, worum geht es in dem Video, was steht in dem ukrainischen Bericht?

    KI-Anwendungen sind in der Lage, automatische Transkriptionen in Video-Meetings zu erstellen und allen Teilnehmenden oder anderen Personen zur Verfügung zu stellen. Auch das gesprochene Wort in beispielsweise YouTube-Videos kann transkribiert werden, um den Inhalt schneller zu erfassen. Texte und Dokumente können maschinell in zahlreiche Sprachen übersetzt werden.

    KI-Tool: beispielsweise Microsoft Copilot, NoteGPT und DeepL
     
  11. Recherchieren und Dossiers erstellen lassen
    Ausgangslage: Ein neues Vorstandsmitglied wird gesucht. Welche Person aus den örtlichen Unternehmen passt zu uns?

    KI-Modelle mit verbesserten Schlussfolgerungs- und Entscheidungsprozessen, sogenannte Reasoning- bzw. DeepResearch-Funktionen, sind in der Lage, komplexere Aufgaben zu bewältigen und nicht nur auf gespeicherte Informationen zu reagieren. Grundsätzlich werden zusätzlich zum Ergebnis des Auftrages auch die Arbeitsfortschritte protokolliert und die genutzten Quellen angegeben. Teilweise ist die Anzahl der monatlichen Nutzungen auch in kostenpflichtigen Abonnements (noch) begrenzt.

    KI-Tool: beispielsweise Google Gemini, ChatGPT

Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung titelte am 09.02.2025 „Wenn Ihnen die KI nicht nützt, müssen Sie sich mehr anstrengen”. Tatsächlich verbessert das Beachten einiger Grundregeln im Umgang mit Künstlicher Intelligenz die Ergebnisse.

Mit der Künstlichen Intelligenz richtig (zusammen)arbeiten

Gute Prompts schreiben („Prompt Engineering“)

Die Texteingaben bzw. Aufgabenstellungen (Prompts) haben großen Einfluss auf die generierten Inhalte. Ein guter Prompt sollte die Aufgabe genau eingrenzen, die Rolle der KI definieren, den Kontext erläutern und bei Bedarf Beispiele geben.

Beispiel:

  • Rolle: „Du bist eine Lehrkraft mit 10 Jahren Berufserfahrung.”
  • Aufgabe: „Erstelle einen Test mit fünf Fragen zum bürgerschaftlichen Engagement in Deutschland. Es sollen alles Multiple-Choice-Aufgaben sein, mit jeweils zwischen drei und fünf Antwortmöglichkeiten. Mehrfachantworten sollen nicht möglich sein. Markiere für mich die richtigen Antworten.”
  • Kontext: „Die Teilnehmenden an dem Test sind Schülerinnen und Schüler meiner sozialgenial-AG am Gymnasium. Sie sind zwischen 16 und 18 Jahre alt. Nicht alle sind deutsche Muttersprachler.”
  • Beispiel/e: „Hier ist eine Beispielfrage: …” oder: „Orientiere dich an den folgenden Unterrichtsunterlagen: (Upload oder Link)”.
Dialogisch vorgehen

Vor allem die einfacheren KI-Modelle geben oft zunächst unvollständige oder kurze Antworten. Durch Nachfragen und ein dialogisches Vorgehen kann man die Antworten in die gewünschte Richtung lenken und detaillierte Informationen erhalten.   

Anders verhalten sich die komplexeren KI-Modelle mit Reasoning bzw. DeepResearch Funktionen. Hier führt ein ausführlicheres Briefing zu besseren Ergebnissen, da die KI zunächst die gestellte Aufgabe für sich operationalisiert und in einzelne Teilaufgaben gliedert. Dieser Arbeitsplan kann vom Benutzer korrigiert oder ergänzt werden. Danach erfolgt die eigenständige Umsetzung durch die KI-Anwendung.

Nicht alles glauben

KI-Anwendungen können Fehler machen, worauf auch stets hingewiesen wird. Es ist daher unbedingt erforderlich, die KI-generierten Ergebnisse zu überprüfen. Ein Beispiel mit der KI-Anwendung Perplexity Pro soll dies verdeutlichen.

  • Prompt: „Schreibe eine Meldung, was die CDU beim Thema Ehrenamt, Zivilgesellschaft, gemeinnützige Organisationen vorhat. Die Leser der Meldung sind Ehrenamtliche, Vereine, Stiftungen, Engagementförderer. Die Meldung soll in den bürgerAktiv - Nachrichten für Engagierte der Stiftung Aktive Bürgerschaft erscheinen. Bitte eine ausführliche Meldung schreiben. Das PDF mit dem CDU/CSU Wahlprogramm wurde in die KI-Anwendung zur Analyse geladen.”
     
  • Antwort: „Die CDU hat in ihrem Wahlprogramm für die Bundestagswahl 2025 mehrere Maßnahmen angekündigt, um das Ehrenamt und die Zivilgesellschaft in Deutschland zu stärken. Zentrale Punkte sind: (…) Die Unterstützung des freiwilligen Engagements durch höhere steuerliche Freibeträge beim Sparen (…).”
     
  • Nachfrage: „Auf welcher Seite steht 'Die Unterstützung des freiwilligen Engagements durch höhere steuerliche Freibeträge beim Sparen.'?”
     
  • Antwort: „Die Unterstützung des freiwilligen Engagements durch höhere steuerliche Freibeträge beim Sparen wird auf Seite 13 erwähnt.”
     
  • Nachfrage: „Nein, steht dort nicht.”
     
  • Antwort: „Sie haben recht. Die Information 'Die Unterstützung des freiwilligen Engagements durch höhere steuerliche Freibeträge beim Sparen' steht nicht explizit auf Seite 13 des Wahlprogramms und wird auch an keiner anderen Stelle in den gegebenen Auszügen wörtlich so erwähnt. Ich habe einen Fehler gemacht und danke Ihnen für die Korrektur.”

Man kann derartige Ergebnisse beim erstmaligen Lesen mit einer gewissen Heiterkeit zur Kenntnis nehmen. Grundsätzlich ist Fehlerhaftigkeit in der Verwendung von Künstlicher Intelligenz ein großes Problem. Einerseits leidet die Akzeptanz, andererseits stellt sich die Frage, wer in der Lage ist, fehlerhafte Antworten zu erkennen. In einem anderen Beispiel wurden zwei Publikationen als Quelle angegeben – beide Bücher gibt es nicht. Da es sich um Veröffentlichungen aus dem Arbeitsgebiet des Autors handeln sollte, ist dies aufgefallen. Wäre es um ein weniger vertrautes Thema gegangen, wäre die falsche Antwort der Künstlichen Intelligenz vielleicht nicht erkannt worden.

Fazit

Seit ChatGPT Ende 2022 der breiten Öffentlichkeit vorgestellt wurde, hat sich das Feld Künstlicher Intelligenz sehr dynamisch entwickelt. Die Qualität der Ergebnisse hat sich stetig verbessert. Künstliche Intelligenz lässt sich inzwischen vielfältig im Stiftungs- und Büroalltag produktiv einsetzen.1


1 Aktuelle Entwicklungen und Trends, der Einsatz von KI bei Förderanträgen und die rechtlichen Möglichkeiten und Grenzen beim Einsatz der Tools ist das Schwerpunktthema der April-Ausgabe der Nachrichten für Engagierte der Stiftung Aktive Bürgerschaft.

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