AWV-Logo
  • Digitalisierung & Modernisierung
  • Interviews

AWV-Interview mit BAFA-Präsidentin Dr. Mandy Pastohr

Adobe Stock / Billion Photos

Dr. Mandy Pastohr ist seit August 2024 Präsidentin des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Wir haben sie gefragt, was auf ihrer To Do-Liste steht.

Frau Dr. Pastohr, Sie sind seit August 2024 Präsidentin des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Welche Themen stehen für Sie ganz oben auf der Agenda?

Mir ist wichtig, dass das BAFA ein verlässlicher Partner für Politik, Wirtschaft, Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürgern ist. Sie sollen bei uns schnell und umfassend die Unterstützung erhalten, die sie benötigen. Ich habe in den ersten Monaten viele Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wirtschaft getroffen, um ihre Erwartungen mitzunehmen. Gleichzeitig habe ich die vielen Aufgaben des BAFA und die Kolleginnen und Kollegen an den verschiedenen BAFA-Standorten persönlich kennengelernt. Zudem schaue ich mir die Prozesse des Hauses genauer an und arbeite zusammen mit externen Partnern und den Mitarbeitenden aus den Fachbereichen des BAFA an der weiteren Optimierung unserer Prozesse. Neben anwendungsfreundlichen, digitalen und effizienten Prozessen ist motiviertes und gut ausgebildetes Personal entscheidend. Personalgewinnung, Qualifizierung und die Zufriedenheit der Beschäftigten sind daher ebenfalls weit oben auf meiner Agenda. Konkret geht es darum, die Attraktivität des BAFA als Arbeitgeber weiter zu steigern – etwa durch moderne und flexible Arbeitsbedingungen und Entwicklungsmöglichkeiten.

Ein zentrales Thema der Verwaltungsmodernisierung ist die Digitalisierung. Wo steht das BAFA aktuell bei der digitalen Transformation – und welche weiteren Schritte sind geplant?

Unsere Antragsverfahren für Unternehmen, Kommunen sowie Bürgerinnen und Bürger sind nahezu komplett digital. Bei uns gehen allein zu den Förderprogrammen pro Jahr mehr als 350.000 Anträge ein. Diese Masse wäre ohne Digitalisierung kaum zu bewältigen.  

Nichtsdestotrotz gibt es aus meiner Sicht immer noch Optimierungsmöglichkeiten. Durch Automatisierung und Künstliche Intelligenz können Prüfprozesse weiter beschleunigt und Mitarbeitende entlastet werden. Ich denke etwa an Software, die Vorprüfungen vornimmt, so dass sich die Mitarbeitenden auf die Prüfung komplexer Aspekte eines Vorgangs konzentrieren können.

Derzeit ist ein Programm in der Pilotierung, mit dem die Mitarbeitenden selbst eine digitale Fachanwendung und digitale Formulare gemäß einer Förderrichtlinie erstellen können. Mit diesem so genannten Software-Generator können wir schneller auf neue oder geänderte Förderprogramme reagieren. Dadurch entfallen zeit- und kostenintensive Programmierungen.

Außerdem wollen wir unseren „Kundinnen und Kunden“ digitale Helfer an die Hand geben, die eine Antragstellung erleichtern. Bei aller Digitalisierung dürfen wir jedoch nicht vergessen, dass viele Bürgerinnen und Bürger lieber den persönlichen Kontakt suchen. Daher haben wir beispielsweise unser Energie-Info-Center, das Anfragen zu Energieförderprogrammen digital, aber auch telefonisch beatwortet. Im letzten Jahr waren es allein 720.000 Anfragen.

Das BAFA betreut eine Vielzahl von Förderprogrammen für Unternehmen. Wie gelingt es, diese Programme anwenderfreundlich, praxistauglich und gleichzeitig rechtssicher zu gestalten?

Es ist immer ein „Spagat“ zwischen möglichst schlanken Verfahren und Rechtssicherheit. Zum einen wollen wir die Unternehmen nicht unnötig mit Bürokratie belasten. Auf der anderen Seite müssen wir gewährleisten, dass die Gelder bei Projekten ankommen, die im Sinne einer Richtlinie auch förderfähig sind.

Hinsichtlich eines möglichst unbürokratischen Verfahrens überlegen wir uns beispielsweise sehr genau, welche Nachweisunterlagen notwendig und welche entbehrlich sind. Der verantwortliche Umgang mit Steuergeldern gebietet es allerdings, dass wir beispielsweise Betrugsrisiken minimieren. Ganz ohne Nachweise geht es daher oftmals nicht.

Zudem wollen wir unsere Verfahren möglichst ohne Medienbruch abbilden. Das heißt, überall wo es rechtlich möglich und im Hinblick auf ein Betrugspotenzial vertretbar ist, verzichten wir auf händische Unterschriften und Firmenstempel und setzen auf digitale Prozesse. Wir freuen uns daher, dass von Seiten der politisch Verantwortlichen Schriftformerfordernisse zunehmend gelockert werden.

Außerdem arbeiten wir ständig daran, unsere Antragsverfahren noch intuitiver zu gestalten. Die Kolleginnen und Kollegen sind dazu im Dialog mit Unternehmen und Verbänden, um Input einzuholen und Verfahren anzupassen. Parallel dazu unterstützen wir Interessierte und Antragstellende. So sind wir beispielsweise auf diversen Veranstaltungen aktiv und stellen Hilfsmittel und Infografiken bereit, die Förderprogramme und Antragsverfahren erklären.

Zudem evaluieren wir unsere Prozesse ständig und sammeln Feedback unserer „Kundinnen und Kunden“ ein. Auf Basis der Rückmeldungen prüfen wir in Abstimmung mit dem Bundeswirtschaftsministerium, ob Anpassungen möglich sind, und justieren unsere Prozesse nach.

Dr. Mandy Pastohr

Nach ihrem Studium in Erziehungswissenschaften, Unternehmenskommunikation und Englisch in Jena und Dresden und ihrer Promotion, arbeitete Dr. Mandy Pastohr bei der Deutschen Akademie für Technikwissenschaften in Berlin. Danach ging es zum RKW Kompetenzzentrum in Eschborn, wo sie zur Geschäftsführerin aufstieg. Insgesamt acht Jahre blieb sie beim RKW, bis sie als Abteilungsleiterin in das Hessische Wirtschafts- und Energieministerium wechselte. Seit August 2024 ist sie Präsidentin des BAFA. (Foto: BAFA)

Wie fördern Sie gezielt kleine und mittlere Unternehmen, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu stärken?

Das BAFA bietet eine Vielzahl von Förderprogrammen für so genannte KMUs. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, setzen wir für die Bundesregierung beispielsweise das Förderprogramm „Passgenaue Besetzung und Willkommenslotsen“ um. Das Programm zielt speziell auf die Deckung des Fachkräftebedarfs kleiner und mittlerer Betriebe ab. Hierzu werden bundesweit Beratungen und Unterstützungen angeboten, um offene Ausbildungsplätze mit Jugendlichen aus dem In- und Ausland sowie mit Fluchthintergrund zu besetzen.

Auch das Förderprogramm für Unternehmensberatungen zielt speziell auf KMUs ab. Dabei fördern wir individuell durchgeführte Beratungen zu allen wirtschaftlichen, finanziellen, personellen und organisatorischen Fragen der Unternehmensführung. Beispiele hierfür sind der Einstieg in neue Geschäftsmodelle, das Qualitätsmanagement oder aber auch die Personalgewinnung und -sicherung.

Zuletzt möchte ich noch das Förderprogramm für Energie- und Ressourceneffizienz in der Wirtschaft nennen: Die Energiekosten werden immer mehr zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Mit diesem Förderprogramm wollen wir Unternehmen bei der Umrüstung auf energieeffiziente Prozesse unterstützen. Denn jede nicht verbrauchte Kilowattstunde spart den Unternehmen bares Geld.

„Die AWV bietet genau die Plattform, die alle zusammenbringt und auf der sie sich verständigen können.
Dadurch können gemeinsam Verbesserungsmöglichkeiten und Lösungswege erarbeitet werden.”

 

Wie fördern Sie im BAFA eine moderne Verwaltungskultur etwa mit Blick auf die Digitalisierung von Prozessen?

Ich habe aus meinen vielen Gesprächen mit den Mitarbeitenden im BAFA mitgenommen, dass sie wertvolle Anregungen für weitere Optimierungen geben und gern digital arbeiten. Das betrifft sowohl die Bearbeitung von Anträgen in Förderprogrammen, Prüf- und Genehmigungsverfahren als auch die Zusammenarbeit im Team. Um ein Beispiel zu geben: Wir haben an den BAFA-Standorten unterschiedliche Herausforderungen bei der Gewinnung bestimmter Berufsgruppen. Um diese zu bewältigen, haben wir beispielsweise Teams einer Abteilung an unterschiedlichen Standorten eingerichtet. Abseits von Homeoffice gilt es hier, über große Distanzen zusammenzuarbeiten und zu führen. Das klappt sehr gut. Digitale Tools helfen, Distanzen zu überwinden, gemeinsam an Vorgängen zu arbeiten und in Kontakt zu bleiben. Der persönliche Kontakt bleibt dennoch wichtig – im Team wie auch zu unseren „Kundinnen und Kunden“.

Gerade bei der Digitalisierung ist die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft entscheidend. Warum sind Institutionen wie die AWV aus Ihrer Sicht so wichtig für diese Schnittstelle?

Die umfassende Digitalisierung unseres Landes ist eine große Aufgabe, die nur gelingen kann, wenn Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft eng zusammenarbeiten und ihre Erfahrungen austauschen. Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft haben oftmals unterschiedliche Sichtweisen und sprechen ihre eigene „Sprache“. Die AWV bietet genau die Plattform, die alle zusammenbringt und auf der sie sich verständigen können. Dadurch können gemeinsam Verbesserungsmöglichkeiten und Lösungswege erarbeitet werden. In ihren Arbeitskreisen greift die AWV Zukunftsthemen wie den Einsatz von KI in der öffentlichen Verwaltung oder die Bürokratieentlastung auf und hilft, Lösungen zu finden, die von allen Stakeholdern getragen werden. Die AWV hat damit eine wichtige zukunftsgerichtete, vermittelnde und lösungsorientierte Rolle, um die Schnittstelle zwischen Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft auszugestalten.

Bürokratieabbau und Digitalisierung sind zudem im Koalitionsvertrag genannte Ziele der Bundesregierung, die grundlegend dazu beitragen, dass Deutschland weitere Schritte zu einem modernen Staat mit innovativer Verwaltung geht. Bei diesem Weg können wir sicherlich von der Expertise der AWV profitieren.

Wenn Sie einen Blick in die Zukunft werfen: Wo möchten Sie das BAFA in fünf Jahren sehen – und was wünschen Sie sich für die Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Politik?

Ich möchte, dass das BAFA ein zuverlässiger, moderner und attraktiver Dienstleister und Arbeitgeber ist. Das BAFA soll innovativ und modern sein, aber auch Sicherheit und Stabilität bieten, die aufgetragenen Ziele erreichen und die Mitarbeitenden sollen gern im BAFA arbeiten. Genau das will ich mitprägen. Dazu müssen alle an einem Strang ziehen. Ich bin sehr froh, dass die Mitarbeitenden im BAFA daran mitwirken und mich tagtäglich unterstützen.

Für die Zusammenarbeit mit Wirtschaft und Politik wünsche ich mir Offenheit, gegenseitiges Verständnis und Verlässlichkeit auch in einem volatilen Umfeld. Ich bin optimistisch, dass uns das gemeinsam weiterhin gelingt.

Nach oben