Herr Sarreither, als Präsident des Statistischen Bundesamtes sind Sie gleichzeitig auch Bundeswahlleiter. Unter Ihrer Leitung findet am 24. September 2017 die Wahl zum 19. Deutschen Bundestag statt. Haben sich die Aufgaben des Bundeswahlleiters im Vergleich zur letzten Bundestagswahl geändert?

Hauptaufgabe des Bundeswahlleiters ist und bleibt, die ordnungsmäßige Durchführung der Wahl bis zur Veröffentlichung der endgültigen Wahlergebnisse zu koordinieren und zu überwachen. Zum reibungslosen Ablauf gehört auch, die Übermittlung und die Berechnung der Wahlergebnisse permanent abzusichern. Wir mussten und müssen uns immer wieder auf neue Herausforderungen einstellen. Durch die US-Wahl sind potenzielle Hackerangriffe in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Das ist sicherlich ein gewisser Hype, der uns aber wachsam bleiben lässt. In enger Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) simulieren wir regelmäßig verschiedene Bedrohungsszenarien und entwickeln wirksame Abwehrstrategien.

Sozialen Medien kommt im Prozess der politischen Meinungsbildung eine immer größere Bedeutung zu. In einem früheren Interview haben Sie auch im Zusammenhang mit der bevorstehenden Bundestagswahl vor sogenannten „Fake-News“ gewarnt. Falschmeldungen könnten am Wahlsonntag eine Rolle spielen, wenn zum Beispiel gemeldet würde, dass bestimmte Wahllokale geschlossen hätten. Welche Möglichkeiten haben Sie als Bundeswahlleiter, um solchen Falschmeldungen entgegenzuwirken?

Was über die sozialen Medien zur Bundestagswahl berichtet wird, beobachten wir intensiv. Falschmeldungen rund um den Wahltag, die den Wahlablauf nachhaltig stören, werden wir umgehend über verschiedene Kanäle klarstellen. Um schnell mit Informationen aus erster Hand zu reagieren, können wir auch den seit Anfang 2017 eingerichteten verifizierten Twitter-Kanal des Bundeswahlleiters nutzen. Anfragen von verunsicherten Wählerinnen und Wählern beantworten wir zeitnah. Den Bürgerinnen und Bürgern ist mittlerweile bewusst, dass sie im Wahlkampf jede Nachricht hinterfragen sollten. Ich vertraue da auch auf das Gebot der journalistischen Sorgfalt, dass Medien den Wahrheitsgehalt von Meldungen kritisch prüfen und offensichtliche „Fake News“ nicht weiter verbreiten.

Andere Länder haben inzwischen Erfahrungen mit Online-Wahlen gesammelt, Kosteneffizienz und neue Partizipationsmöglichkeiten werden hierbei, neben anderen Punkten, als Vorteile genannt: Sehen Sie eine Möglichkeit, dass in Deutschland Bundestagswahlen in absehbarer Zeit elektronisch durchgeführt werden?

Gegenwärtig sehe ich diese Möglichkeit nicht, auch weil das Bundesverfassungsgericht 2009 hohe Anforderungen an die Verwendung von Wahlcomputern gestellt hat, die zurzeit von keinem mir bekannten System erfüllt werden. Das Wählen mit Zettel und Stift mag auf viele altmodisch wirken, ist aber der beste Schutz gegen Wahlmanipulationen. Das amtliche Endergebnis beruht auf den förmlichen Niederschriften und nicht auf den elektronischen Übermittlungen in der Wahlnacht. Die Auszählung aller abgegebenen Stimmen anhand der Wahlzettel ist außerdem öffentlich, lässt sich wiederholen und damit Schritt für Schritt nachprüfen. Diese Transparenz bietet kein Wahlcomputer.

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