Interview mit Gerhard Vogt, Leiter der Projektgruppe 1.6.4 "Zuwendungspraxis"

Herr Vogt, Sie sind seit dem Gründungsworkshop der Projektgruppe „Zuwendungspraxis“ am 15.12.2016 deren ehrenamtlicher Leiter. Warum liegen Ihnen Zuwendungsrecht und Zuwendungspraxis am Herzen?

In meiner langjährigen Berufstätigkeit spielte das Zuwendungsrecht immer eine große Rolle. Als junger Mitarbeiter des Bundesfinanzministeriums habe ich seinerzeit die noch heute geltenden zuwendungsrechtlichen Bestimmungen mitformuliert. Viele Jahre lang nahm ich anschließend an den Beratungen des Bund/Länder-Arbeitsausschusses „Haushaltsrecht und Haushaltssystematik“ teil, der bemüht ist, die Einheitlichkeit des Zuwendungsrechts  bundesweit sicherzustellen. Auch während meiner Zeit im Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen hatte ich immer wieder mit zuwendungsrechtlichen Fragen zu tun. Weiterhin war ich viele Jahre Dozent für Haushalts- und Zuwendungsrecht an zwei Fachhochschulen.

Welchen Zuwendungsbegriff benötigen wir Ihrer Meinung nach für eine wirkungsorientierte Zuwendungspraxis?

Die Haushaltsordnungen des Bundes und Länder verwenden den Begriff „Zuwendung“ althergebracht. Der Staat trete als Zuwendungsgeber den Bürgern nicht auf Augenhöhe, sondern von oben herab entgegen, heißt es, das werde den heutigen Gegebenheiten nicht mehr gerecht. In der Tat verteilt der Staat mit seinen Zuwendungen keine Geschenke, sondern verfolgt eigene Interessen, welche er ansonsten mit eigenem Personal wahrnehmen müsste.  Es empfiehlt sich vor diesem Hintergrund, anstelle von „Zuwendung“ nach Möglichkeit den neutralen Begriff „Förderung“ zu verwenden. Bisher war es üblich, die Förderpraxis durch ein enges Netz von Vorschriften und Richtlinien zu regeln. Die Aufmerksamkeit muss wieder stärker auf die Ergebnisse der Förderung gerichtet werden, wodurch viele Detailregelungen entbehrlich werden. Dies entspricht dem Grundgedanken des Neuen Steuerungsmodells, welches bisher im Zuwendungsbereich kaum zur Anwendung kommt.

Welche Ziele werden mit der neuen Projektgruppe verfolgt?

Gerhard Vogt, Leiter der AWV-Projektgruppe „Zuwendungspraxis“, stellte sich den Fragen der AWV e.V.

In der Projektgruppe sollen zunächst die zuwendungsrechtlichen Bestimmungen daraufhin untersucht werden, wo diese unnötige bürokratische Belastungen für den Dritten Sektor verursachen.  Die geltenden Verwaltungsvorschriften sowie die Allgemeinen Nebenbestimmungen sollen im Einzelnen darauf abgeklopft werden, ob sie nach wie vor erforderlich sind oder ob Vereinfachungen möglich sind. Es ist in diesem Zusammenhang geplant, Experten zu verschiedenen zuwendungsrechtlichen Fragen anzuhören, um Vereinfachungsvorschläge entwickeln zu können. Zu gegebener Zeit sollen entsprechende Vorschläge dann an die Verantwortlichen in den zuständigen Ministerien des Bundes und der Länder, gegebenenfalls auch an die Parlamente herangetragen werden. Auch die Förderpraxis soll mit dem Ziel der Vereinfachung untersucht werden. Häufig wissen Zuwendungsgeber und Zuwendungsempfänger zu wenig voneinander. Hier könnte ein Erfahrungsaustausch sinnvoll sein. Die Projektgruppe sieht ihre Aufgabe auch darin, diesbezügliche Ansätze zu verfolgen. Allerdings ist nicht geplant, dass die Projektgruppe zur Dauereinrichtung wird. Vielmehr sollen in überschaubarer Zeit Vorschläge entwickelt, in die Fachöffentlichkeit eingebracht und nach Möglichkeit auch umgesetzt werden, welche die Arbeit des gemeinnützigen Bereichs erleichtern.