Ungeklärte Fragen rund um die Energiepreispauschale: AWV liefert dem Bundesfinanz­ministe­rium Anregung

AWV-Arbeitskreis „Prozesskette Lohnsteuer” wirkt bei Fragenkatalog des BMF mit

Mit dem Steuerentlastungsgesetz 2022 wurde neben der rückwirkenden Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags auch die Zahlung einer einmaligen steuerpflichtigen Energiepreispauschale (EPP) an alle aktiv Beschäftigten beschlossen. Die EPP in Höhe von 300 Euro soll diejenigen entlasten, denen typischerweise Fahrtkosten im Zusammenhang mit ihrer Erwerbsarbeit entstehen und die aufgrund der aktuellen Energiepreisentwicklung finanziell stark belastet sind. Voraussetzung für den Erhalt der Energiepauschale ist ein Wohnsitz oder ein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland sowie im Jahr 2022 Einkünfte aus einer Beschäftigung.

Das bedeutet, dass zum Beispiel Arbeitnehmer, Selbstständige und Minijobber eine EPP erhalten. Dabei ist allerdings zu beachten: Hat jemand eine Hauptbeschäftigung und übt nebenbei einen Minijob aus, bekommt er die EPP nur einmal – im Rahmen der Hauptbeschäftigung – ausgezahlt. Darüber hinaus erhalten zum Beispiel Grenzpendler, die in Deutschland leben aber im Ausland arbeiten, eine Energiepauschale. Rentnerinnen und Rentner bekommen sie hingegen nicht – es sei denn, dass sie im Jahr 2022 zusätzlich zum Rentenbezug ein Einkommen aus einem Arbeitsverhältnis oder aus einer selbstständigen Tätigkeit haben. Dann erhalten sie die Pauschale.

Das Gesetz sieht vor, dass die Arbeitgeber die EPP in der Regel im September 2022 an die Arbeitnehmer auszahlen, sofern diese am 1. September 2022 in einem gegenwärtigen ersten Dienstverhältnis stehen. Anschließend verrechnen die Arbeitgeber die ausbezahlte EPP mit dem Gesamtbetrag der abzuführenden Lohnsteuer.

Wenn ein Arbeitnehmer erst nach dem 1. September 2022 eingestellt wird, ist der (neue) Arbeitgeber nicht dazu verpflichtet, diesem Mitarbeiter die Energiepauschale auszuzahlen. Damit sollen mögliche Doppelzahlungen im Falle eines Arbeitgeberwechsels verhindert werden. Beschäftigte, die zum Beispiel zum 1. Oktober 2022 neu eingestellt werden und die Energiepauschale weder vom vorherigen noch vom neuen Arbeitgeber ausbezahlt bekommen, können die 300 Euro aber trotzdem erhalten, sofern sie für das Jahr 2022 eine Einkommensteuererklärung abgeben.

Die Einführung der EPP führte schon zu einem frühen Zeitpunkt des Gesetzgebungsverfahrens zu zahlreichen Fragen und Anmerkungen aus der betrieblichen Praxis und auch aus AWV-Gremien, die mit dem federführenden Bundesministerium der Finanzen (BMF) kommuniziert wurden. Das BMF hat vor diesem Hintergrund einen umfangreichen Katalog veröffentlicht, der u.a. Fragen zur Anspruchsberechtigung, zur Festsetzung mit der Einkommensteuerveranlagung, zur Auszahlung an Arbeitnehmer durch Arbeitgeber, zum Einkommensteuer-Vorauszahlungsverfahren und zur Steuerpflicht beantwortet. Eine aktualisierte Liste der FAQ rund um die Energiepreispauschale wurde am 20. Juli 2022auf der Webseite des BMF eingestellt.

Neben Arbeitgeber- und Interessenverbänden wie dem Bundesverband der Industrie (BDI) und der Arbeitsgemeinschaft der Personalabrechnungssoftwarehersteller (ArGe PERSER) haben sich auch verschiedene Gremien des AWV-Fachausschusses 2 „Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung im personalwirtschaftlichen Umfeld“ mit der Einführung der EPP befasst. So hat der Arbeitskreis 2.3 „Prozesskette Lohnsteuer“ das Thema während einer Sitzung im Mai 2022 direkt mit dem zuständigen Vertreter des BMF erörtert, im Nachgang Themen und Fragen des Teilnehmerkreises gesammelt und zur Berücksichtigung in den FAQ ans BMF weitergeleitet.

Auch der Arbeitskreis 2.18 „Vereinheitlichung der Bescheinigungen in der Lohn- und Gehaltsabrechnung“ hat das Thema im Rahmen einer Webkonferenz aufgegriffen. Klar beantwortet wurde dabei die Frage zu den Auswirkungen auf Verdienstbescheinigungen: Die Energiepreispauschale wird bei Sozialleistungen, deren Zahlung von anderen Einkommen abhängig ist, nicht als Einkommen berücksichtigt. Das bedeutet, wer beispielsweise Wohngeld erhält und die oben genannten Voraussetzungen für den Erhalt der EPP erfüllt, bekommt die Pauschale, ohne dass das Wohngeld gekürzt wird.

Schwieriger zu beantworten ist hingegen die Frage, wie die Ausweisung der EPP in einer Lohn- und Gehaltsabrechnung nach der Einkommensbescheinigungsverordnung (EBV) zu erfolgen hat. Da die EPP steuerpflichtig und als Einmalzahlung – in Abgrenzung zum laufenden Arbeitslohn - einer sog. sonstigen Bezugsversteuerung   unterliegt, ist die Ausweisung im Steuerbrutto („Sonstige Bezüge“ des steuerpflichtigen Arbeitslohnes) zwingend geboten. Ob die EPP allerdings ins Gesamtbruttoentgelt einfließt, ist noch immer fraglich und es bleibt offen, ob es hier überhaupt zu einer einheitlichen Lösung kommen wird. Im Arbeitskreis 2.18 wurde eine Darstellung ohne Zurechnung zum Gesamtbruttoentgelt für sinnvoll erachtet, weil es sich nicht um Entgelt bzw. Lohn des Arbeitgebers handelt, sondern um eine staatliche Leistung. Allerdings wird dies in der Praxis unterschiedlich gehandhabt, sodass die Abrechnungen in diesem Punkt voneinander abweichen werden. Das spricht dafür, dass künftig staatliche Zahlungen einfacher und unbürokratischer abgewickelt werden sollten, ohne die Arbeitgeber einzubeziehen. Genau dies sieht ein aktueller Referentenentwurf für ein Jahressteuergesetz vor, mit dem eine Rechtsgrundlage zum Aufbau eines direkten Auszahlungsweges für öffentliche Leistungen unter Nutzung der steuerlichen Identifikationsnummer geschaffen werden soll.

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