Servicestandard für die OZG-Umsetzung veröffentlicht

Gast-Beitrag von Dr. Thomas Danken und Hannes Kühn, Sekretariat des Nationalen Normenkontrollrates, Berlin

Bundesweit wird daran gearbeitet, das Onlinezugangsgesetz (OZG) umzusetzen. Es verpflichtet Bund, Länder und Gemeinden, bis Ende des Jahres 2022 „ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten“. Fast 600 Leistungen müssen dafür digitalisiert werden. Diese wurden in 14 Themenfelder unterteilt und werden in Entwicklungsgemeinschaften bearbeitet, wobei jeweils ein Land und ein Bundesministerium die Federführung übernehmen. Die konkrete Umsetzung auf kommunaler Ebene ist nochmals dezentraler organisiert.

Wie kann es angesichts dieser arbeitsteiligen Herangehensweise gelingen, nutzerfreundliche und digitale Verwaltungsleistungen gleichbleibend hoher Qualität zu designen und zu betreiben? Das BMI hat dafür im Juni 2020 den Servicestandard zur Umsetzung des OZG veröffentlicht. Er war zuvor vom IT-Planungsrat zur Kenntnis genommen worden. Der Servicestandard basiert auf einem Vorschlag des NKR [1] und wurde für die OZG-Umsetzung angepasst. Der damalige Vorschlag des NKR beruhte auf internationalen Vorbildern. So gibt es in Großbritannien seit dem Jahr 2014 einen Digital Service Standard, mittlerweile aber auch in den USA, Kanada, Australien und Finnland.

Die Zielgruppe des Servicestandards sind jene Akteure bei Bund, Ländern und Kommunen, die dort an digitalen Verwaltungsleistungen arbeiten. Der Servicestandard stellt einen freiwilligen Orientierungsrahmen dar und soll Anreize für eine Selbstverpflichtung und Qualitätssicherung setzen. Er kann auf der Webseite des BMI heruntergeladen werden. Dort ebenfalls angeboten wird ein Schnelltest, mit dem in jeder Projektphase überprüft werden kann, ob die im Servicestandard definierten Prinzipien eingehalten werden.

Worum geht es? Der Servicestandard in Kürze

Der Standard empfiehlt in verschiedenen Kategorien insgesamt 19 Qualitätskriterien für das Design und den Betrieb digitaler Verwaltungsleistungen.

  • Nutzerzentrierung: Das OZG kann dann als Erfolg verbucht werden, wenn die Verwaltungsleistungen nicht nur digital zur Verfügung stehen, sondern auch als nützlich wahrgenommen und somit tatsächlich genutzt werden. Um dies zu erreichen, sollen Anforderungen der Nutzer frühzeitig erhoben werden, die Bedienung der Angebote intuitiv und barrierefrei möglich und der Aufwand für die Nutzer möglichst gering sein, z. B. durch automatischen Austausch von benötigten Daten zwischen Behörden.

  • Vorgehen: Online-Dienste sollen in mehreren iterativen Schleifen entwickelt werden und dadurch während der Entwicklung flexibel anpassbar sein. Möglichst frühzeitig soll durch einen Prototyp die Praxistauglichkeit und Akzeptanz bei Nutzern getestet werden. Es geht darum, Probleme und Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen und auszubessern. Zudem sollen rechtliche Hürden digitaler Verwaltungsleistungen (z. B. persönliches Erscheinen, Schriftform) erkannt und ausgeräumt werden.

  • Zusammenarbeit: Digitale Verwaltungsleistungen sollen durch ebenenübergreifende und interdisziplinäre Teams entwickelt werden. So kann beispielsweise der Austausch zwischen Bundes- und Kommunalebene den Blick auf Vollzugsprozesse schärfen.

  • Offenheit: Bei Betrieb der Verwaltungsleistungen sollen offene Standards und Open Source-Software genutzt werden. Das ist einerseits ein Beitrag zu mehr digitaler Souveränität, weil Lock-In-Effekte und Abhängigkeiten von einzelnen Anbietern vermieden werden. Gleichzeitig stärkt offener Code aber auch die IT-Sicherheit, weil Sicherheitslücken permanent von der Community gefunden werden können.

  • Technischer Betrieb: Digitale Angebote brauchen Zuverlässigkeit, Ausfallsicherheit und IT-Sicherheit, die mittels Supportkonzepten gewährleistet werden müssen. Zudem ist sicherzustellen, dass Angebote Schnittstellen zu anderen Systemen bereithalten, etwa zur Übertragung von Antragsdaten oder Nachweisen. Schließlich soll der technische Betrieb stetig evaluiert und weiterentwickelt werden.

  • Wirkungscontrolling: Dabei geht es um die fortwährende Verbesserung einer Leistung. Dafür soll das Nutzungsverhaltens (u.a. Anzahl der Seitenbesucher, Verweildauer und Verhältnis zwischen digitalen und analogen Antragstellungen) und die Nutzerzufriedenheit mittels geeigneter Fragebögen erhoben werden. Die Ergebnisse der Erhebungen sollen in maschinenlesbarer Form veröffentlicht werden. Dies ist wichtig, weil auch die Single-Digital-Gateway-Verordnung vorschreibt, dass die Qualität aller Onlineleistungen in Zukunft kontinuierlich überprüft und Nutzerfeedback eingeholt werden sollen.

Wie geht es weiter?

Der Servicestandard soll stetig weiterentwickelt werden. Dazu könnte eine regelmäßige Evaluation unter Einbeziehung von Zivilgesellschaft, Wissenschaft und Wirtschaft stattfinden. Insbesondere sollte aber die Praxiserfahrung der Verwaltung in die Optimierung des Standards einfließen. Ein Sounding Board soll beratend die Qualität und stetige Verbesserung des Servicestandards sicherstellen. Zentral sind dabei die Fortentwicklung der Qualitätskriterien, die Kommunikation des Standards innerhalb der Verwaltung sowie die Förderung des Austausches zwischen Praxis und Politik. Die möglichst breite Zusammensetzung des Boards soll verschiedene Perspektiven gewährleisten.

Wichtig ist, dass der Servicestandard schnell Verbreitung findet, etwa über Weiterbildungen. Dies würde nicht nur die Bekanntheit des Standards erhöhen, sondern auch die notwendigen Methoden und Denkweisen vermitteln, die nutzerorientierte Arbeitsweisen im Sinne des Standards erst möglich machen.

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