1. Digitalisierung des Rinderpasses

Der klassische „Rinderpass“ wurde für Rinder, welche ausschließlich innerhalb von Deutschland verbracht werden, 2007 ab­geschafft. Seitdem erhält jedes Rind, nach Eingang der Geburtsanzeige, von den zuständigen Behörden oder einer von ihnen beauftragten Stelle automatisch ein sog. „Stammdatenblatt“. Dieses wird postalisch an den Tierhaltenden versendet. Die dort enthaltenen Daten liegen aber auch elektronisch im Herkunftssicherungs- und Informationssystem für Tiere (HI-Tier) vor. Wird ein Rind ins Ausland verbracht, wird aus dem „Stammdatenblatt“ unter Ergänzung der erforderlichen Angaben (zum Zweck der Nachverfolgbarkeit) der „Rinderpass“. Verbleibt das Rind aber in Deutschland, ist das zugestellte „Stammdatenblatt“ eigentlich nicht erforderlich, erfolgt aber bisher für jedes neu geborene Rind automatisch. Nach Angaben in der Online-Datenbank des Erfüllungsaufwands beträgt die jährliche bürokratische Belastung der Betriebe für den Rinderpass (Stammdatenblatt und vollwertiger Rinderpass) insgesamt rund 24 Mio. Euro. Durch einen digitalen Rinderpass in Kombination mit einer rein anlassbezogenen Ausstellung würde sich die Fallzahl der als Papierdokumente ausgestellten Rinderpässe verringern, sodass eine bürokratische Entlastung auf Seiten der Wirtschaft um knapp 20 Mio. Euro möglich ist. Der bürokratische Aufwand würde sich aber nicht nur auf Seiten der landwirtschaftlichen Betriebe, sondern auch auf Seiten der passausstellenden Behörden verringern.

Die beteiligten Verwaltungsstellen profitieren davon, dass nicht mehr für jedes neu gemeldete Rind ein Stammdatenblatt erstellt, ausgedruckt und postalisch versendet werden muss. Bei einer rein anlassbezogenen Ausstellung von Rinderpässen profitieren die tierhaltenden landwirtschaftlichen Betriebe davon, dass die nicht mehr in Papierform erforderlichen Dokumente nicht mehr archiviert werden müssen.

Bevor aber eine vollständige Digitalisierung des Rinderpasses realisiert werden kann, müssen ressortseitig einige Prüfungen erfolgen. Erlaubt es die aktuelle Rechtsgrundlage überhaupt, ein vollständiges Stammdatenblatt mit allen notwendigen Daten online zur Verfügung zu stellen und durch den aktuellen Tierhaltenden bei Bedarf selbst ausdrucken zu lassen? Hierbei muss gewährleistet werden, dass ein solches Dokument die gleiche Manipulations- und Fälschungssicherheit bietet. Damit die notwendigen technischen Umsetzungen in der Datenbank vorgenommen werden können, wird eine Entscheidung aller Bundesländer gemeinsam oder einzelner Länder individuell zur Umsetzung des digitalen Rinderpasses erforderlich sein. Anschließend kann der Auftrag zur technischen Anpassung an die passausgebenden Regionalstellen und die zentrale Datenbank erfolgen.

2. Vermeidung von Mehrfachmeldungen von Tierbestandsdaten

Landwirtschaftliche Betriebe müssen mehrmals im Jahr unter anderem Daten über ihre Tierbestände an unterschiedliche Stellen und nach diversen Rechtsgrundlagen melden. Der Leitgedanke zum Bürokratieabbau ist hier das „Once-Only-Prinzip“. Demnach sollen bestimmte Standardinformationen der Verwaltung nur einmal mitgeteilt werden müssen. Somit entfallen mehrfache Meldungen identischer Informationen für die Landwirtinnen und Landwirte, und Lücken werden stattdessen durch verwaltungsseitig vorhandene Daten befüllt. Zu beachten ist dabei, dass die Zweckbindung der Rechtsgrundlagen dafür sorgt, dass die Daten nur für diesen spezifischen Zweck genutzt werden dürfen, für den sie auch erhoben wurden.

Anlass und Umfang der Tierbestandsmeldungen differieren je nach Rechtsgrundlage und Zweck. Um die erhobenen Daten für andere Zwecke verwenden zu können, ist eine Verknüpfung der beteiligten Rechtsbereiche erforderlich. Nach dieser Prüfung muss ein Abgleich der unterschiedlichen Meldekriterien und Meldefrequenzen für alle Tierarten nach den konkreten Anforderungen des jeweiligen Fachrechts erfolgen. Die zukünftig an eine zentrale Datenbank gemeldeten Tierbestandsdaten müssen diese Kriterien erfüllen.

Zurzeit ergibt sich durch Mehrfachmeldungen von Tierbeständen eine bürokratische Belastung von bis zu 78 Mio. Euro pro Jahr. Ziel ist, dass eine bereits bestehende Datenbank (z. B. HI-Tier) ausgebaut oder eine zentrale Datenbank geschaffen wird, über die jegliche Dokumentationen und Meldungen zu Nutztieren erfolgen kann. Alternativ wären auch dezentrale Lösungen mit Formatvorgaben für eine digitale Dokumentation und Schnittstellen zur (automatischen) Übertragung an Datenempfänger denkbar und unter Datenschutzaspekten ggf. leichter umsetzbar. Unter der Annahme, dass Tierbestandsdaten von Rindern, Schweinen und Geflügel zukünftig lediglich in einer Datenbank gemeldet werden müssen, würden sich die bürokratischen Aufwände der Betriebe um bis zu 22 Mio. Euro pro Jahr reduzieren.

Im Projektbericht „Hofarbeit statt Schreibtischzeit. Informationspflichten in der Landwirtschaft spürbar vereinfachen“ mit allen Ergebnissen werden sowohl die oben genannten als auch weitere Vereinfachungsvorschläge beschrieben. Der Bericht wurde auf der Website des Statistischen Bundesamtes veröffentlicht und steht zum Download zur Verfügung (PDF-Datei 2,5 MB).   

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