KI unterstützt Haushaltsplanung in der öffentlichen Verwaltung

Entwickelt wird ein Assistenzsystem, das die Haushaltsaufstellung erleichtern soll. Aufgrund der komplexen Zusammenhänge sind die Aufgaben in der Haushaltsaufstellung kognitiv herausfordernd, was Auswirkungen auf die Entscheidungsqualität haben kann. Menschen, die im Prozess der Haushaltsaufstellung tätig sind, müssen mit einer großen Menge an Daten auf unterschiedlichen Aggregationsebenen umgehen. Dabei sind vielfältige Abhängigkeiten zu berücksichtigen. Eine Aufgabe ist die Bestimmung der Bedarfe für das nächste Jahr. Es müssen also Annahmen über die Zukunft getroffen werden, was bedeutet, dass vielfältige mögliche Einflussfaktoren eine Rolle spielen. Die Bedarfe werden in Verhandlungen auf unterschiedlicher Ebene angepasst. Diese Beschreibung stellt nur einen kleinen Ausschnitt dar, zeigt aber bereits die Komplexität des Entscheidungsprozesses. KI-basierte Assistenzsysteme können in der Identifikation und Analyse relevanter Daten unterstützen und unter anderem durch Visualisierungen helfen, dass Analyseergebnisse angemessen in Verhandlungen berücksichtigt werden können.

Das Projekt beruht auf den folgenden drei Prinzipien, die oben bereits beschrieben wurden: die Zusammenarbeit von Akteuren aus verschiedenen Disziplinen, eine sich schrittweise der Lösung nähernde Vorgehensweise, die konsequent an den Anforderungen der Nutzer ausgerichtet ist, und die Integration der prozessorientierten Perspektive, um Potentiale auf Ebene der Reorganisation identifizieren zu können.

Die erste Iteration begann mit dem Verstehen und Festlegen des Nutzungskontexts. Dazu haben wir einen Workshop mit sechs Beschäftigten aus dem Bereich Haushaltsaufstellung aus verschiedenen Organisationen sowie vier Interviews durchgeführt. Auf dieser Basis haben wir eine Online-Befragung mit 69 Teilnehmern erarbeitet, durch die wir unter anderem typische Herausforderungen und eingesetzte Werkzeuge erfassen konnten. Es folgte die Festlegung der Nutzungsanforderungen. Im Fokus stand dabei jedoch noch kein Assistenzsystem mit konkreten Funktionen. Für die erste Iteration war hingegen zunächst unser Ziel, für die bereits identifizierten Problembereiche Zielbilder zu entwerfen. Die Zielbilder wurden unabhängig vom Einsatz eines KI-basierten Systems entwickelt, um den Lösungsraum nicht technologiebezogen einzuengen und zum Beispiel auch organisationale Lösungsansätze einzubeziehen. Für die Erarbeitung konkreter Gestaltungslösungen haben wir sieben KI-Experten und einen Beschäftigten aus der Haushaltsaufstellung, der bereits am ersten Workshop teilgenommen hatte, für einen zweiten Workshop eingeladen. Die Zielbilder wurden hinsichtlich möglicher KI-basierter Lösungsansätze bewertet. Die erste Iteration endete mit der Evaluierung dieser Lösungsansätze im Rahmen eines dritten Workshops mit E-Government-Experten. In diesem Workshop haben wir vielversprechende Anwendungsszenarien anhand der Kriterien Relevanz und Machbarkeit identifiziert. In weiteren Iterationen arbeiten wir nun an konkreten Szenarien, die schließlich zu prototypischen KI-Assistenzsystemen führen werden. Sobald wir in Einklang mit den Projektressourcen eine angemessene Reife erzielt haben, folgt die vorerst abschließende Evaluierung der Lösungen.

Öffentliche Verwaltung übernimmt verschiedene Rollen in Innovationslaboren

Anhand des Forschungsprojektes über KI in der Haushaltsplanung wird deutlich, wie die unterschiedlichen Rollen von Innovationslaboren zum Tragen kommen. Zentral sind die Schaffung und Pflege eines Raums wie auch eines Netzwerks, in dem sich die verschiedenen Akteure fachlich austauschen und abseits von alltäglichen Aufgaben und Rahmenbedingungen an innovativen Lösungen arbeiten können. Um dies zu ermöglichen, muss über aktuelle Themen, Herausforderungen und Lösungen diskutiert werden. Auf dieser Basis finden die verschiedenen Perspektiven in Forschung, Entwicklung, Beratung und Weiterbildung Berücksichtigung. Die Rolle der Verwaltungen kann dabei vielfältig sein. Sie können eigene Labore betreiben, als Geldgeber, Mitbegründer, Partner oder Auftraggeber auftreten sowie die Arbeit eines Labors über inhaltlichen Austausch und gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit fördern. Skalierbarkeit kann ein Labor dementsprechend über die Erhöhung der Innovationsfähigkeit der mitwirkenden Verwaltungen erzielen und so auch dezentral Innovationsinitiativen befördern. Eine zentrale Aufgabe liegt damit in der Erhöhung der Innovationsfähigkeit. Spezifische Innovationsergebnisse sind ebenfalls wichtig, jedoch können diese mit Blick auf die begrenzten Ressourcen einer typischen Innovationseinheit nicht allein in der Verantwortung der Labore liegen.

Neue Lösungen liegen im Fokus der Forschung

An Innovationslabore im öffentlichen Sektor werden vielfältige Erwartungen gestellt. Grundsätzlich sollen sie helfen, die Digitalisierung voranzutreiben. Dabei kann es leicht geschehen, dass eine (an anderer Stelle bereits etablierte) Lösung eingeführt werden soll und es sich damit eher um eine Standard-Digitalisierungsaufgabe handelt, die kaum einen innovativen Charakter hat. In Innovationslaboren sollte die Arbeit an neuartigen Lösungen Vorrang vor der Anwendung bereits umfassend erprobter Lösungen haben. Auch sind Innovationslabore keine Beratungseinheiten. Im Fokus stehen die gemeinsame Erarbeitung und Erprobung von Lösungen im Rahmen von Co-Produktion. Innovationslabore stehen unter hohem Erfolgsdruck. Sie werden meist öffentlichkeitswirksam installiert und eröffnet, auch um kommunizieren zu können, dass Innovationsfähigkeit als erfolgskritische Eigenschaft wahrgenommen und adressiert wird. Allerdings sind Innovationsprojekte naturgemäß durch Risiken geprägt. Ein geeigneter Lösungsweg ist hier, die Vorhaben in einen Forschungskontext zu setzen, um möglicherweise überhöhte Erwartungen an Innovationsergebnisse von Beginn an korrigieren zu können. Daneben müssen auch die Erwartungen der Beteiligten geklärt werden. Die jeweiligen Personen vertreten Organisationen aus Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft mit sehr unterschiedlichen Interessen und Zielsystemen. Die gemeinsame Mission, die Verbesserung der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung voranzutreiben, muss im Fokus stehen.
 


Literatur zur Vertiefung

  • Gascó, Mila: Living labs: Implementing open innovation in the public sector, in: Gov­­ern­ment Information Quarterly, 34/1 (2017), S. 90–98.
  • Crosby, Barbara C. / ‘t Hart, Paul / Torfing, Jacob: Public value creation through collaborative innovation, in: Public Management Review, 19/5 (2017), S. 655–669.
  • McGann, Michael / Wells, Tamas / Blomkamp, Emma: Innovation labs and co-production in public problem solving, in: Public Management Review, 23/2 (2021), S. 297–316.


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