Data-Dictionary, Data-Repository
Um einen Überblick zu schaffen und dauerhaft zu behalten, welche (Sub-)Module beim Einkommen wie auch bei anderen Rechts­begriffen existieren und welchen Datenquellen diese zugeordnet werden können, bedarf es eines Glossars. In diesem Glossar (Data Dictionary) sind die Begriffsmodule und korrespondierende Datenfelder auf Metadatenebene eindeutig beschrieben und definitorisch abgebildet. Eine gute Grundlage ist die Verwaltungsdaten-Informationsplattform (VIP) des Statistischen Bundesamtes (20). Die VIP zeigt, welche Angaben auf welche Art und Weise bei welcher Stelle vorhanden sind. Mit diesem Wissen über die Datenbestände und ihre Inhalte kann zielgerichtet die digitale Vernetzung der betroffenen Register und Fachverfahren erfolgen.
Je automatisierter der Datenaustausch erfolgen soll, desto wichtiger ist die semantische, aber auch die technische Standardisierung. Hier hilft ein auf das Data Dictionary aufbauendes Glossar (Data Repository) zu den technischen Spezifikationen der Register und Fachverfahren. Hier kann an bestehende Projekte und Initiativen, wie z. B. das Optimierte Meldeverfahren in der sozialen Sicherung (OMS), das Verfahren „Bescheinigung elektronisch anfordern“ der Rentenversicherung (rvBEA) (21), die XÖV-Standards, die Prozess- und Datenfeld-Repositorien des Föderalen Informationsmanagements (FIM) (22) sowie die Registerlandkarte des Bundesverwaltungsamtes, angeknüpft werden.

Aufräumen im Rechtsbestand
Die bessere Verwendung von Daten erfordert eine Anpassung der rechtlichen Anforderungen an die technischen Bedingungen und umgekehrt. Einen solchen Match­ingprozess gibt es vereinzelt. Ein gutes Beispiel ist ELFE (Einfach Leistungen für Eltern) (23) und das Digitale-Familienleistungen-Gesetz (24). So haben hier die Verantwortlichen u. a. geprüft, wie gesetzliche Rechtsbegriffe zu den verfügbaren Datenquellen passen. Dies ist mühsam. Für ELFE, wie für alle vergleichbaren Projekte, bedarf es daher einer systematischen und schrittweisen Inventur des gesamten Rechts- und Datenbestandes. Zentrale Hilfsmittel dafür sind das Data Dictionary und das Data Repository.
Beim Aufräumen im Rechtsbestand und der Gesetzesvorbereitung helfen daneben Prozessmodelle und Ablaufschemata. Sie veranschaulichen Verwaltungsabläufe und zeigen beteiligte Behörden sowie Kontaktpunkte mit Bürgerinnen und Bürgern und Unternehmen. Aber auch technische Aspekte wie Datenschnittstellen und Datenströme werden sichtbar. Mit Hilfe von Prozessmodellen und Ablaufschemata werden leichter Inkonsistenzen und Optimierungsansätze erkennbar, die dann zielgerichtet abgebaut bzw. genutzt werden können.

Kontinuierliche Arbeit
Die Instrumente zur Lösung und zum Umgang mit der semantischen und technischen Interopera­bilität liegen vor. Sie gilt es jetzt stringenter, verbindlicher und zielgerichteter einzusetzen. Der digitale Datenaustausch erfordert verfahrensübergreifend kompatible Strukturen und Prozesse. Die stetig sich fortentwickelnden technischen Spezifikationen der Register, Fachverfahren, Datenschnittstellen und Datenströme sowie die Fortentwicklung des Rechts bedingen eine kontinuierliche Pflege. Hierauf gilt es, agil und flexibel zu reagieren. Insbesondere die Schnittstelle zwischen rechtlichen und technischen Anforderungen ist aktiv zu managen. Bereits bei der Formulierung von Gesetzen müssen daher IT- und Prozessexperten einbezogen werden. Der modulare Aufbau der Rechtsbegriffe und deren Verwendung kann helfen, den Pflegeaufwand im Rahmen zu halten, da die Modularisierung die Komplexität reduziert.

Möglichkeiten und Grenzen der IT
Die Vision, dass das Kindergeld gleich nach der Geburt des Kindes ohne Antrag überwiesen wird, ist keine Utopie mehr. Die Vernetzung der Behörden untereinander und der bei ihnen vorliegenden Daten macht es möglich. Gleichwohl stellt sich die grundsätzliche Frage, welches Potenzial eine datengetriebene Verwaltung künftig hat oder haben wird. Wo sind die Möglichkeiten, aber auch Grenzen, dass Behörden neue Lebenssituationen der Bürger von sich aus aufnehmen und ohne jegliches Zutun des Bürgers proaktiv die ihm zustehende Sozialleistung gewähren oder ihn entsprechend mit Steuern, Abgaben und Gebühren belasten. Insofern müssen wir uns mit den Chancen, Risiken, Perspektiven und ethischen Bewertungen der bevorstehenden Möglichkeiten eines Data Driven Government auseinandersetzen.


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20 Statistisches Bundesamt: Verwaltungsdaten-Informationsplattform, online: https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Buerokratiekosten/VIP/vip.html (abgerufen am 26.07.2021); Die Verwaltungsdaten-Informationsplattform befindet sich im Aufbau. Hier wird das Zielbild skizziert.
21 Deutsche Rentenversicherung: Bescheinigungen Elektronisch Anfordern, online: https://www.dsrv.info/de/Inhalt/20_Unsere_Verfahren/01_nationaler_Datenaustausch/03_Arbeitgeber/02_rvBEA/02_rvBEA.html (abgerufen am 26.07.2021).
22 FITKO: Föderales Informationsmanagement, online: https://fimportal.de/ (abgerufen am 26.07.2021).
23 Freie Hansestadt Bremen: Einfach Leistungen für Eltern, online: https://www.finanzen.bremen.de/digitalisierung/ozg-themenfeld-familie-kind/elfe-einfach-leistungen-fuer-eltern-60128 (abgerufen am 26.07.2021).
24 Gesetz zur Digitalisierung von Verwaltungsverfahren bei der Gewährung von Familienleistungen vom 03.12.2020, BGBl. I 2020, S. 2668.