Die Digitalisierung von Verwaltungsprozessen und die Optimierung von Schnittstellen zwischen Wirtschaft und Verwaltung sind Gegenstand vieler AWV-Arbeitskreise. Worin sehen Sie den wesentlichen Beitrag, der durch die Digitalisierung von Schnittstellen für die Verwaltungsmodernisierung geleistet werden kann? Wie wird eine optimale Zusammenarbeit auch mit Akteuren außerhalb der Verwaltung sichergestellt?
Wenn digitale Verwaltungsleistungen einen hohen Nutzen für Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen haben sollen, dann wird das nur gelingen, wenn auch die Schnittstellen zwischen Online-Diensten und Fachverfahren soweit wie möglich digitalisiert sind. Über diese Schnittstellen können Daten in nachgelagerten Prozessen automatisiert zwischen den beteiligten Verfahren oder Registern elektronisch ausgetauscht werden. Deshalb sind die fachliche Standardisierung von Antragsdaten gemäß dem Föderalem Informationsmanagement "FIM" sowie digitalisierte Schnittstellen zu und zwischen Fachverfahren wichtige Bausteine der OZG-Umsetzung, die auch eine breite Nachnutzung der entwickelten Verfahren befördern.

Über die Digitalisierungslabore binden wir frühzeitig Akteure wie Nutzerinnen und Nutzer, Wirtschaft und Organisationen in den Entwicklungsprozess ein. In interdisziplinären Teams werden dort gemeinsam digitale Lösungen entwickelt. Am Digitalisierungslabor "Sicherheitsbereiche Flughafen" haben beispielsweise Beschäftigte der Flughäfen Hamburg und Frankfurt mitgewirkt. Sie sehen, überall da, wo es geboten ist, werden nicht nur Privatpersonen, sondern auch Wirtschaftsvertreterinnen und -vertreter in den Prozess einbezogen.

Will Deutschland nutzerfreundliche Onlineverfahren anbieten, muss es seine Register und sein behördenübergreifendes Datenmanagement umfassend modernisieren. Dafür müssen auch neue technische und rechtliche Standards geschaffen werden. Welche Schwerpunkte werden durch das im IT-Planungsrat beschlossene Koordinierungsprojekt "Registermodernisierung" in diesem Zusammenhang gesetzt? Welchen Anforderungen an den Datenschutz muss die Registermodernisierung genügen und inwiefern müssen hier europäische Vorgaben berücksichtigt werden?
Zentrales Ziel der Registermodernisierung ist es, konkreten Nutzen für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen zu schaffen; die Entlastungspotenziale liegen Schätzungen zufolge im Milliardenbereich. Diese Potenziale wollen wir heben, und deshalb entwickeln Bund und Länder im Koordinierungsprojekt Registermodernisierung derzeit ein Zielbild für eine interoperable Registergesamtarchitektur. Im Fokus steht, registerübergreifend die Umsetzung des Once-Only-Prinzips voranzubringen: Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen sollen in staatlichen Registern gespeicherte Nachweise nicht bei jeder Beantragung von Verwaltungsleistungen neu heraussuchen müssen. Auch auf europäischer Ebene wird Once-Only durch die Verordnung zum Single Digital Gateway (SDG) vorangebracht, daran beteiligen wir uns aktiv.

So werden im Koordinierungsprojekt praxisrelevante Maßnahmen entwickelt, um die Interoperabilität in der deutschen Verwaltungsdatenlandschaft unter Berücksichtigung der föderal-dezentralen Datenhaltung übergreifend, sicher und langfristig zu verbessern. Dabei haben wir natürlich die Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) fest im Blick. Denn nach meiner festen Überzeugung trägt die Registermodernisierung nachhaltig zu einer Verbesserung des Datenschutzes bei: So erhöhen moderne, interoperable Register beispielsweise die Datensparsamkeit und Datenqualität.

Die Digitalisierung von Prozessen ist die eine Seite, auf der anderen Seite wird es künftig immer stärker auch darum gehen, auf der Basis von Datenpools Verwaltungsleistungen noch weiter zu optimieren. Der Einsatz Künstlicher Intelligenz spielt hierbei eine große Rolle und wird nicht nur im Rahmen der AWV-Facharbeit thematisiert. Welche Erwartungen stellen Sie an diese Technologie?
Ich setze mich als Bundes-CIO dafür ein, das enorme Potenzial neuer Technologien für die Bundesverwaltung und darüber hinaus im Zusammenspiel mit den Ländern zu nutzen. Dazu gehört auch die Künstliche Intelligenz (KI).

Fest steht: Das geht nur im Einklang mit unserem deutschen und europäischen Rechts- und Wertesystem. Eventuelle Risiken müssen u. a. durch regulatorische Vorgaben begleitet werden, Gemeinwohlinteressen und individueller Nutzen sind zu berücksichtigen, und gleichzeitig dürfen Innovationen nicht beeinträchtigt werden. Künstliche Intelligenz bietet ein variables Anwendungsspektrum. Vieles davon hat das Potenzial, unserer Gesellschaft zu helfen ("tech for good"): Ihr Einsatz kann daher auch Verwaltungsdienstleistungen optimieren.

Im öffentlichen Sektor sammeln wir erste Erfahrungen. Beispielsweise werden bei der E-Rechnung derzeit Möglichkeiten des Einsatzes von KI-Verfahren für eine weitestgehend automatisierte Rechnungseingangsbearbeitung evaluiert. Das schafft Transparenz und ermöglicht eine schnelle und einfache Bearbeitung. Damit wollen wir das volle Potenzial der elektronischen Rechnung heben und die digitalen Verwaltungsleistungen weiter ausbauen.

Die zentrale Rolle des Staates ist, den Rahmen vorzugeben – damit die positiven Aspekte der Technologie zum Tragen kommen und ein nachhaltiger Nutzen für die Menschen entsteht. Dies betrifft vor allem den Datenschutz, die Datensicherheit und den Schutz von Eigentums- und Urheberrechten. Unternehmen, aber vor allem Bürgerinnen und Bürger wollen wissen, welche Daten an welchen Stellen gespeichert werden und wer wann darauf zugreift. Hier ist der Staat in der Pflicht, transparente und sichere Verfahren zu gewährleisten.

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