Der Data Act: Wie die EU die Datenwirtschaft auf Erfolgskurs bringen möchte

Ein Beitrag von Johannes Niklas Holtz (DATEV eG, Brüssel)

Am 23. Februar 2022 hat die Euro­päische Kommission den „Vor­schlag für eine Verordnung des Euro­päischen Parlaments und des Rates über harmo­ni­sierte Vor­schriften für einen fairen Daten­zugang und eine faire Daten­nutzung“(1) (Data Act) vor­gelegt. Das übergeordnete Ziel des Data Acts ist es, die Verfüg­bar­keit und Nutzung von Daten in der euro­päi­schen Wirtschaft, Gesell­schaft und im öffentlichen Sektor zu verbessern.

Die Nutzung von Daten hat ein enormes Potenzial, unser Leben in vielfältiger Weise zu verbessern, zum Beispiel durch eine effizientere Verwaltung, evidenzbasierte politische Entscheidungen, eine bessere Medizin und Gesund­heits­versorgung sowie einen sichereren Verkehrs­sektor.(2) Laut der EU-Kommission entsprach die Wertschöpfung der Daten­wirtschaft bereits 2019 2,6 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der EU.(3)

Die EU-Kommission möchte den europäischen Datenschatz heben und hat dafür im Februar 2020 eine europäische Daten­strategie vorgestellt.(4) Darin wurden politische Maßnahmen und Investitionen zur Förderung der Daten­wirt­schaft für die nächsten Jahre angekündigt. So wird ein eigener, europäischer Weg angestrebt, der eine florierende Datenwirtschaft mit Datenschutz und Ethik-Standards in Einklang bringen soll.

Der nun vorgeschlagene Data Act ist der zentrale Baustein der Datenstrategie. Die Verordnung erstreckt sich auf über 75 Seiten und umfasst 90 Erwägungsgründe sowie 42 Artikel, die sich auf elf Kapitel verteilen. Vereinfacht dargestellt, reguliert der Data Act drei Bereiche der Daten­wirtschaft.

Datenzugang im Kontext Internet of Things

Die Daten­weiter­gabe zwischen Unternehmen bzw. zwischen Unternehmen und Verbrauchern ist der erste Bereich, den der Entwurf regelt. Nutzende eines Produkts oder einer damit verbundenen Dienstleistung sollen Zugang zu den Daten haben, die durch ihre Nutzung des Produkts erzeugt werden. Außerdem sollen die Nutzenden diese Daten mit Dritten ihrer Wahl, wie z. B. anderen Unternehmen, teilen können. Die Bestimmungen gelten jedoch ausschließlich für Produkte, die Teil des Internets der Dinge (IoT) sind. Andere materielle Produkte wie Smart­phones oder PCs fallen nicht in den Anwendungs­bereich. Es soll also die Person, der das Produkt gehört, und nicht der Hersteller entscheiden können, wer auf die Daten eines Produktes zugreifen darf. Ziel ist es, den After­market im Hinblick auf Produkte des IoT aufzubrechen. So kann zukünftig also nicht nur der Hersteller, sondern auch ein anderes Unternehmen Maintenance-Angebote beispielsweise für einen intelligenten Kühlschrank anbieten.

Dieser Mechanismus ermöglicht jedoch auch Dritten Zugang zu den Maschinen- und Fabrikdaten europäischer Hersteller. Ob die Öffnung dieser Daten für die europäische Wirtschaft von Vorteil ist, wird von vielen Seiten hinterfragt. Auch wird der horizontale Ansatz kritisiert. Zu unterschiedlich seien die Sektoren, als dass ein Ansatz allen Szenarien gerecht werden könnte.

Darüber hinaus legt die Verordnung allgemeine Regeln für Dateninhaber fest, die nach dem Data Act oder einem anderen nationalen oder EU-Recht verpflichtet sind, einer dritten Partei Daten zur Verfügung zu stellen. Diese Regeln umfassen unter anderem den Ausschluss von Exklusivitätsvereinbarungen. Außerdem muss die Daten­bereit­stellung auf Grund­lage von fairen, angemessenen und nichtdiskriminierenden Bedingungen sowie in transparenter Weise erfolgen.

Unfaire Vertragsklauseln, die KMU in Bezug auf den Datenzugang und die Datennutzung auferlegt wurden, werden durch den Data Act verboten, um bestehende Machtasymmetrien zwischen den Vertragsparteien auszugleichen.


1 Europäische Kommission (Hg.): Vorschlag für eine Verordnung des europäischen Parlaments und des Rates über harmonisierte Vorschriften für einen fairen Datenzugang und eine faire Datennutzung (Datengesetz), Brüssel 2022, online: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52022PC0068&from=DE [26.08.2022].
2 Vgl. John D. Kelleher, Brendan Tierney: Data Science, Cambridge / London 2018.
3 Vgl. Europäische Kommission (Hg.): Impact Assessment Report Accompanying the document Proposal for a Regulation of the Euro­pean Parliament and of the Council on harmonised rules on fair access to and use of data (Data Act), Brüssel 2022, online: https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/library/impact-assessment-report-and-support-studies-accompanying-proposal-data-act [26.08.2022]. (Im Folgenden: EU-Kommission, Impact).
4 Vgl. Europäische Kommission (Hg.): Eine europäische Datenstrategie, Brüssel 2020, online: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52020DC0066&from=DE [26.08.2022].


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