10-jähriges Jubiläum: AWV-Arbeitskreis 1.3 „Bürokratieentlastung der öffentlichen Verwaltung“

testbeschreibung

Warum ein Arbeitskreis zur Bürokratieentlastung der öffentlichen Verwaltung?

Als sich am 8. Mai 2008 der Arbeitskreis konstituierte, war bei manchem das Erstaunen sicher groß. Ausgerechnet für die öffentliche Verwaltung – für viele die Bürokratie schlechthin – sollte das Thema relevant sein?
Doch wer in einer öffentlichen Verwaltung arbeitet, weiß, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter über Prozesse und Dokumentationen stöhnen, die sie als umständlich, zeitaufwendig, vielleicht sogar als kostspielig empfinden. Eine Entlastung von bürokratischen Pflichten im öffentlichen Bereich würde dort Ressourcen freisetzen, die für die eigentliche Aufgabenerfüllung genutzt werden könnten. Dabei verstand es sich von selbst, dass es nicht darum gehen konnte, die Lasten auf Dritte, z.B. Unternehmen oder Haushalte abzuwälzen, sondern um einen effektiven Abbau von Bürokratie. Sehr schnell stellte sich heraus, dass das Themenfeld ein enormes Potential bietet. Daher konnten in den Sitzungen des Arbeitskreises, dem mehr als 320 Personen angehören, stets neue Aspekte diskutiert werden. Dank geht an die Referentinnen und Referenten des Arbeitskreises, welche mit ihren Beiträgen einen Einblick in ihre Reformen und Projekte ermöglicht haben und den Arbeitskreis häufig seit Jahren begleiten. Mittlerweile ist daraus ein erfolgreiches Netzwerk aus öffentlichen Verwaltungen und Verbänden, Vertretern der Privatwirtschaft und des Dritten Sektors entstanden.

Methodik des Bürokratieabbaus, Inhalte, Handlungsansätze

Den Auftakt bildete die Information über das Standard-Kosten-Modell, damals noch neu, heute aber gängiges Instrument zur Messung von Bürokratiekosten und Erfüllungsaufwand. Es wäre nun unmöglich, sämtliche Themen der 30 Arbeitskreissitzungen aufzuführen; daher seien hier nur die größeren Themenbereiche angesprochen. Regelmäßig informierte und informiert sich der Arbeitskreis über die Initiativen der Bundesregierung – speziell des Bundeskanzleramtes – zur Bürokratieentlastung. Darüber hinaus verfolgt er ebenso regelmäßig die Arbeit des Nationalen Normenkontrollrates, aber auch Aktivitäten der Länder zur Bürokratieentlastung. Hinzu kommen Erfahrungen aus dem Ausland, so z.B. aus Dänemark, der Schweiz oder Litauen.

Ein zentraler Aspekt ist die Rechtsetzung der Europäischen Union. Zu drei Vorhaben, der Europäischen Bürgerinitiative, dem Weißbuch Multi-Level Governance und der Einführung des SEPA-Lastschriftverfahrens, hat der Arbeitskreis eigene Stellungnahmen gegenüber der EU abgegeben. SEPA war ein spezielles Aufgabengebiet, das unterschiedlichste Normadressatengruppen betraf, so dass dazu eine eigene Projektgruppe „SEPA-Lastschriftverfahren“ gebildet wurde. Gerade hier zeigte sich der besondere Vorzug der AWV-Arbeitskreise: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer kommen eben nicht nur aus der öffentlichen Verwaltung, sondern ebenso aus der Privatwirtschaft, aber auch aus dem sogenannten Dritten Sektor. Dadurch fließen ganz unterschiedliche Erfahrungen und Vorgehensweisen zusammen.

Dauerthema Bessere Rechtsetzung

Ein Dauerthema des Arbeitskreises ist die bessere Rechtsetzung; dabei geht es vor allem um die Konsistenz und Verständlichkeit von Regelungsvorhaben. Gerade Letzteres ist – wie die Zufriedenheitsbefragungen des Statistischen Bundesamtes gezeigt haben – ein Punkt, der für die Adressaten des Rechts besonders wichtig ist. Welche Auswirkungen unübersichtliche (und zwischen Verwaltungen auch noch differierende) Anforderungen haben können, zeigte eindrucksvoll die Untersuchung zum Zeitaufwand für das Ausfüllen und die Bearbeitung eines BAFöG-Antrages.

Üblich ist in den Arbeitskreissitzungen zwar eigentlich der Powerpoint-Vortrag. Doch einmal wurde es richtig konkret: Am 22. Januar 2014 führten Vertreter der Bundesdruckerei den „Bürgerkoffer“ für die mobile Verwaltung vor!

Zur besseren Rechtsetzung gehört auch die Gesetzesfolgenabschätzung ex ante, d.h. eine Prognose nicht nur der Wirkungen einer Regelung, sondern auch des damit verbundenen Erfüllungsaufwandes für Wirtschaft und Verwaltung. Das ist – gerade bei neuen Sachverhalten – oft nur auf einer schmalen Informationsbasis möglich. Daher gehört inzwischen die Evaluation ex post zu den Anforderungen guter Rechtsetzung. Darüber hinaus ist aber auch die tatsächliche Umsetzung rechtlicher Regelungen in die Verwaltungspraxis von Bedeutung. Daher hat sich der Arbeitskreis auch mit Fragen des Prozessmanagements, insbesondere der Schaffung einer Informationsplattform (FIM) für die Prozessgestaltung befasst. Hierzu gehört auch der Leistungsvergleich zwischen Verwaltungen, wie er seit vielen Jahren z.B. durch die Vergleichsringe der Kommunalen Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement aufgegriffen wird. Mit dem neuen Art. 91d des Grundgesetzes ist auch für Ländervergleiche eine wichtige Ausgangsbasis geschaffen worden.

E-Government als Treiber des Bürokratieabbaus

Der wichtigste Treiber für den Bürokratieabbau ist das E-Government. Der Arbeitskreis hat sich daher mit zahlreichen Ansätzen befasst. Denn die Nutzung von Informationstechnologien sollte helfen, Prozesse und den Verwaltungsvollzug zu vereinfachen. Sehr ausführlich wurden daher die Implikationen der E-Rechnung, aber auch weiterer Bausteine des E-Governments diskutiert. Hier schlummern noch beachtliche Entlastungspotentiale. Ein anderer interessanter Ansatzpunkt zur Verbesserung von Prozessen ist das Konzept der Shared Services. Die Diskussionen hierzu im Arbeitskreis haben sich 2012 in einer eigenen Buchveröffentlichung niedergeschlagen. Im Rahmen der Beratungen wurde auch deutlich, dass Zuwendungsverfahren relativ viel Aufwand bei Gebern, Empfängern und Prüfern verursachen. Auch dazu wurde eine gesonderte Arbeitsgruppe eingerichtet. In ihr diskutierten vor allem die Empfänger und die Zuwendungsgeber intensiv miteinander.

Während der gesamten Beratungszeit des Arbeitskreises stand Frau Dr. Petra Pfisterer den Vorsitzenden, Dr. Friedrich Wilhelm Haug und Professor Dr. Gunnar Schwarting, zur Seite. Ihrer unermüdlichen Recherche und Kontaktpflege ist ein Großteil der Attraktivität und des Erfolges des Arbeitskreises zu verdanken. Seit dem 1. Januar 2018 betreut Herr Philipp Stolzenberg den Arbeitskreis.

Teilnahme am Arbeitskreis

Der Arbeitskreis ist eine offene Plattform des Austausches, die dreimal jährlich in Berlin zusammenkommt. Interessierte sind herzlich eingeladen und wenden sich gerne an die AWV-Geschäftsstelle, Frau Fabienne Hantke unter hantke@awv-net.de.


Text: Professor Dr. Gunnar Schwarting, Leiter des AWV-Arbeitskreises 1.3 „Bürokratieentlastung der öffentlichen
Verwaltung“ und Honorarprofessor an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften Speyer

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