Auf dem Weg zu einer allgemeinen Standardisierung trat 2007 die INSPIRE-Richtlinie in Kraft, in der die EU den Aufbau einer europäischen Geodateninfrastruktur beschlossen hat. Ziel ist es, dass die über 500 Millionen Menschen, die in der EU auf rund 4,4 Millionen Quadratkilometern Landfläche leben, das enorme Potenzial an Geodaten nutzen. Wie weit ist man mit der Umsetzung der Richtlinie? Welche Erfolge konnten seitdem bereits verzeichnet werden?

Die INSPIRE-Richtlinie der EU war ein wichtiger Impuls für die Einrichtung der Geoinfrastrukturen, die wir nun auf nationaler und regionaler Ebene haben. Ohne die Initiative aus Brüssel würde es heute wohl den rechtlichen Rahmen für Geodaten in Deutschland nicht geben, zumindest nicht einheitlich und flächendeckend. Dabei entsprang die Richtlinie zunächst vor allem dem eigenen Interesse der Kommission, da man bei der Sammlung und Verarbeitung von Daten insbesondere im Umweltbereich große Probleme mit den unterschiedlichen Datenmodellen und Datenformaten bei den Geodaten der Mitgliedstaaten vorfand.

Ziel der INSPIRE-Richtlinie ist es, die Geodaten aus den Mitgliedstaaten so bereitzustellen, dass sie gemeinsam genutzt werden können. Die Umsetzung der Richtlinie einschließlich der Finanzierung obliegt dabei den Mitgliedstaaten. Damit beachtet die Kommission das Prinzip der Subsidiarität. Allerdings konnte sie deswegen einige ihrer Wünsche wie zum Beispiel Open Data bei Geodaten nicht gegenüber den Mitgliedstaaten durchsetzen. Bestehende nationale Regelungen zu Kosten und Lizenzen bleiben bestehen. Diese Regelungen sind über das gesamte Europa betrachtet ebenso heterogen wie bei den deutschen Bundesländern.

Die Erfolge liegen bei INSPIRE wie bei der GDI-DE im technischen und organisatorischen Bereich. Die europäische Richtlinie verpflichtet alle Behörden in der EU, ihre Geodaten im Netz bereitzustellen und sie dort auffindbar zu machen. Mittels der Durchführungsbestimmungen zur Richtlinie werden die über Dienste verfügbaren Geodaten soweit harmonisiert, dass sie in Anwendungen zusammengeführt werden können. Diese von INSPIRE geforderte Interoperabilität liegt auch im nationalen Interesse der Mitgliedstaaten. Sowohl in Deutschland als auch in seinen Nachbarstaaten ist die Umsetzung auf gutem Wege. Für Deutschland hat die GDI-DE in ihrem letzten Bericht an die Kommission insgesamt 12712 Geodatensätze und 16248 Geodatendienste erfasst, die im Zuge von INSPIRE online bereitgestellt werden.

Gibt es noch weiße Flecken auf der Karte? In welchem Bereich wird sich in den kommenden Jahren das Potential erst voll entfalten?

Die Zeit der klassischen Entdeckungsreisen ist vorbei. Wenn auf einer Weltkarte heute noch ein weißer Fleck zu sehen ist, dann liegt das an der Farbwahl des Kartographen für die Darstellung der Antarktis. Dennoch decken die vorhandenen Geodaten nicht alle Fragestellungen ab. Man muss nur nah genug herangehen. Die Auflösung des Waldes in einzelne Bäume oder die Komplettierung von 3-D-Stadtmodellen mit den Innenräumen der Gebäude ist in den vorhandenen Datensätzen noch nicht realisiert. Dabei würden moderne IT-Verfahren das Handling der dazu erforderlichen großen Datenmengen erlauben, und die Sensortechnik ist auf bestem Wege, eine effiziente Erfassung und Aktualisierung der gewünschten Details zu unserer Umwelt zu ermöglichen.

Geodaten beschreiben nicht nur die Oberfläche der Erde, sondern auch die Atmosphäre über uns und die Geologie unter uns. Mit der rasanten Entwicklung in der Sensortechnik und in der Datenverarbeitung steigt die Hoffnung, Risiken wie Sturmereignisse, Flutkatastrophen und Erdbeben künftig besser vorhersagen zu können.

Schließlich ist der Mensch selber ein Teil der Welt, die wir mit den Geodaten modellieren. In der Statistik wird eine Person derzeit mit ihrer Wohnadresse und allenfalls noch mit den Koordinaten ihrer Arbeitsstelle verortet. Ein enormes Potential der Geodaten liegt aber darin, die Person als bewegliches Objekt zu modellieren und ihr Verhalten im Kontext von ortsfesten Objekten oder anderen mobilen Personen zu analysieren. Das Potential in solchen Anwendungen ist ebenso groß wie die Risiken, denen sich der Staat nun bewusst werden muss.

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