Mehr E-Government, mehr Nutzung? Warum die Inanspruchnahme digitaler Verwaltungsangebote in Deutschland gering bleibt

Ein Beitrag von Cigdem Akkaya, Robert Zepic, Helmut Krcmar (Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, Technische Universität München)

Trotz des kontinuierlichen Anstiegs verfügbarer Online-Angebote von Behörden und öffentlichen Einrichtungen in Deutschland lag die allgemeine E-Government-Nutzung durch die Bürger auch im Jahr 2017 hinter den Erwartungen zurück. Welche Ursachen hierfür unter anderem verantwortlich sind, was Bürger von der Verwaltung erwarten, wie zufrieden sie mit dem Angebot sind und welche Maßnahmen geeignet scheinen, die Nutzung zu steigern, zeigen die Ergebnisse des eGovernment MONITOR 2017 auf.

Im Bericht über den Stand der Digitalisierung in Europa 2017 analysierte die Europäische Kommission den Digitalisierungsfortschritt ihrer Mitgliedstaaten. Bei der Online-Interaktion zwischen Behörden und Bürgern nahm Deutschland den 23. Platz unter allen 28  EU-Mitgliedstaaten ein und schneidet damit in diesem Bereich am schlechtesten ab.1 Seit Jahren kommt man offenbar nicht spürbar voran und das, obwohl auf allen Ebenen, sei es beim Bund, Ländern oder Kommunen, ein deutlicher Anstieg online verfügbarer Verwaltungsangebote zu verzeichnen ist. Zweifelsohne macht es nur bedingt Sinn, sich komplett auf die Angebotsperspektive zu fokussieren und dort weiter zu investieren, ohne zugleich die Erwartungen und die Bedenken der Bürger im Hinblick auf E-Government zu verstehen. Doch was erwarten die Bürger eigentlich von der Verwaltung? Wie zufrieden sind sie mit dem verfügbaren Angebot? Was sind zentrale Barrieren der Nutzung von E-Government? Und welche möglichen Beweggründe führen zu einer intensiveren Nutzung?

Nutzung und Zufriedenheit mit E-Government-Angebot in Deutschland

Die E-Government-Nutzung bleibt in Deutschland auf einem weiterhin niedrigen Niveau, so das Fazit des eGovernment MONITOR, einer repräsentativen Studie zur Nutzung und Akzeptanz digitaler Verwaltungsangebote aus Sicht der Onliner in Deutschland und weiteren Vergleichsländern, die zuletzt Ende 2017 durch die Initiative D21 und die fortiss GmbH herausgegeben wurde.2 Wäre das nicht bereits genug Anlass zur Sorge, zeigt sich gegenüber dem Vorjahr zudem eine rückläufige E-Government-Nutzung von 45 Prozent der Deutschen auf nunmehr lediglich 41  Prozent. Zum Vergleich: In Österreich liegt die Nutzung bei 74, in der Schweiz bei 61 Prozent. Hinzu kommt, dass ferner die durchschnittliche Nutzung entsprechender Angebote durch einen Bürger pro Jahr von 3,1 auf 2,7 Anwendungen gesunken ist.

Vergleicht man die Onliner nach ihren soziodemographischen Ei-genschaften, ist zunächst kein großer Unterschied im Hinblick auf Alter und Geschlecht zu verzeichnen. Bildung hat dagegen einen starken Einfluss auf die Nutzung: 69 Prozent der formal hochgebildeten Onliner gaben an, in den vergangenen 12 Monaten E-Government-Angebote genutzt zu haben. Die Nutzungsquote der Onliner mit mittlerem und geringem Bildungsniveau liegt dagegen bei 59 und 35 Prozent.

Blickt man auf die Gesamtzufriedenheit, so ist auch hier ein Rückgang zu verzeichnen. 2016 äußerten sich 62  Prozent der Befragten als zufrieden mit den Angeboten, 2017 lag ihre Zahl bei 54 Prozent.

Hauptbarrieren für die E-Government-Nutzung

Die geringere Nutzung von E-Government-Angeboten, die sinkende Nutzungshäufigkeit und der Rückgang der Zufriedenheit machen eine vertiefte Analyse der Barrieren notwendig, die der Nutzung im Wege stehen. Eine Analyse der Barrieren in der Studie liefert hierzu wichtige Erkenntnisse (s. Abb. 1).

Die „mangelnde Bekanntheit“ vieler  E-Government-Angebote erweist sich seit 2013 als die größte Nutzungsbarriere in Deutschland. Obwohl dieser Aspekt im Vergleich zu den Vorjahrswerten an Gewicht verloren hat, wird er noch von fast jedem zweiten Befragten als ein zu beseitigendes Hindernis angesehen. Darüber hinaus stellt die Barriere „Anschaffung zusätzlicher notwendiger Hardware wie z. B. ein Kartenlesegerät für die Nutzung der e-ID Funktion des neuen Personalausweises“ ebenfalls ein wichtiges Hindernis für 48 Prozent der Befragten dar. Die Barriere „mangelnde Durchgängigkeit“ weist auf die Kritik hin, dass eine vollständige Online-Abwicklung von Angeboten oftmals noch nicht möglich ist. Wenn Bürger zwar Formulare für ihre Anliegen herunterladen, sie allerdings nicht auch elektronisch an die Behörden übermitteln können, bleibt ihnen in der Regel der postalische Weg oder der Gang zum Amt nicht erspart. Und ohne erfahrbaren Mehrwert lohnt es sich aus Sicht der Bürger offenbar auch nicht, sich die zusätzlich notwendige, oftmals kostenpflichtige, Hardware zuzulegen.

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1   Europäische Kommission (2017). Europe’s Digital Progress Report. Available: https://ec.europa.eu/digital-single-market/en/scoreboard/germany
2   H. Krcmar, C. Akkaya, L.-S. Müller, S. Dietrich, M. Boberach, S. Exel. (2017). eGovernment MONITOR 2017: Nutzung und Akzeptanz digitaler Verwaltungsangebote – Deutschland, Österreich und Schweiz im Vergleich. Available: http://www.egovernment-monitor.de.

Text: Cigdem Akkaya, Robert Zepic, Helmut Krcmar (Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik, Technische Universität München)
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, Alexander Limbach